"Die Kuenringer lassen grüßen"

Dr. Johannes Sääf

LKW MAUT. Ein leidgeprüfter LKW-Verleiher berichtet, was die Asfinag so alles tut, um ihre Erlöse zu steigern.

 

In Österreich sorgt sich die ASFINAG, hervor­gegangen aus der seinerzeitigen Bundesstraßenverwaltung, um den Bau und die Instandhaltung des hochwertigen Straßennetzes: immerhin aktuell 2.200 Kilometer. Sie entfernt bei Bedarf gefährliche Hindernisse und errichtet moderne Autobahnparkplätze mit der erforderlichen Infrastruktur.

 

Zur Deckung des Aufwandes für den Straßenbau etc. sorgen zum kleinen Teil die bekannten Vignetten für Pkws und Motorräder, der weit überwiegende Teil wird über die Lkw Maut finanziert, die immerhin über 1,2 Milliarden Euro in die Kassen spült. So konnte die ASFINAG bei der Präsentation des Jahresabschlusses 2016 stolz verkünden, erstmals in ihrer Geschichte einen Überschuss erwirtschaftet zu haben. Doch wie kommen diese Mauterträge (auch) zustande? Rechtliche Grundlagen bilden das Bundesstraßenmautgesetz (BStMG) und die von der ASFINAG als beliehenem Unternehmen erlassene Mautordnung, die auf schlanken 129 Seiten die Maut für die Benützung von Autobahnen und Schnellstraßen regelt. Während für Motorräder und Pkws Vignetten zu lösen sind, hat ein Lkw bzw. Buslenker ein elektronisches Gerät zur Entrichtung der Maut, eine sogenannte GO-Box, im Fahrzeug anzubringen. Die Mautordnung steht allerdings in einem wesentlichen Punkt im Widerspruch zum BStMG:

 

Versäumt der Besitzer einer GO-Box die sogenannte „Einmeldung“, also den Nachweis der Euroklasse des Lkws an die ASFINAG auch nur um einen Tag, so wird die GO-Box von der ASFINAG von „amtswegen“ abgeschaltet, womit der Lkw Lenker zum „Mautpreller“ wird. Sogleich erfolgt die Vorschreibung einer sog. Ersatzmaut in Höhe von 240 Euro, ohne dass der ASFINAG tatsächlich ein Schaden, sprich Mautentgang entstanden wäre. Die ASFINAG schöpft den vom Gesetz vorgegebenen Rahmen von Euro 250 auch stets – ohne Ansehung der Schuld des Lenkers – (fast) zur Gänze aus. So ist es in der Mautordnung in Pkt. 5.7.2.4 „für den Fall festgestellter Unregelmäßigkeiten iZm der Mauteinhebung“ geregelt. Die Abschaltung der GO-Box erfolgt selbst dann, wenn die GO-Box mit einer Kreditkarte mit ausreichendem Rahmen unterlegt ist (sog. Post Pay Verfahren gemäß Pkt. 5.5.2 der Mautordnung). In diesem Fall macht die ASFINAG aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht von der Garantie der Kreditkarte Gebrauch, indem sie die Maut einfach über die Kreditkarte abrechnet, verzichtet damit auf die korrekte Einhebung der Maut und setzt anstelle dessen die sog. „Ersatzmaut“ in Rechnung!

 

In § 9 (6) 3.Satz BStMG ist für einen solchen Fall hingegen die Herabstufung auf die schlechteste Mautstufe, also zB von Euro 6 auf Euro 1 vorgesehen, aber nicht die Abschaltung der Go-Box: „Fahrzeuge, für die kein Nachweis erfolgt, … sind jener Tarifgruppe zuzuordnen, für die der höchste Tarif festgesetzt wird“. So der Wortlaut des Gesetzes. Von Abschaltung der Go-Box ist nicht die Rede.

 

„So what“, könnte man sagen, fällt ja im Vergleich zu den Einnahmen der ASFINAG kaum ins Gewicht. Weit gefehlt, aus dem Titel „Maut Enforcement“ wies die ASFINAG Maut Service GmbH bereits 2015 über 30 Millionen Euro an Sondererlösen aus, Tendenz stark steigend. In einem Verfahren vor dem LVwG Niederösterreich wegen verspäteter „Einmeldung“ der Mautklasse gab der Mitarbeiter der ASFINAG über Befragen an, dass es richtig sei, dass in solchen Fällen mit Abschaltung der GO-Box und Vorschreibung einer Ersatzmaut vorgegangen wird, auch wenn tatsächlich kein Schaden entstanden ist. Diese Vorgangsweise sei „in höheren Gremien“ so beschlossen worden (LVwG-S808/001-2015 u.a. Seite 5 des Protokolls). Resumé dieses Systems: Überschreitungen von sog. „Einmeldefristen“ werden von der ASFINAG – gesetzwidrig – mit Ersatzmaut geahndet, auch wenn gar keine Maut entgangen ist. Die in §9 BStMG vorgesehene Rückstufung auf die schlechteste Euroklasse wird nicht angewendet. Von der vom Lkw Lenker bereitgestellten Kreditkarte wird bewusst kein Gebrauch gemacht. Stattdessen erfolgt die Vorschreibung der „Ersatzmaut“ auch für kurze Strecken, womit dann von der ASFINAG – wie in einem anderen Verfahren nachgewiesen – bis zum 68-fachen der anwendbaren Maut kassiert wird, womit der vom Verfassungsgerichtshof bereits beim 30-fachen der Gebühr festgestellte Tatbestand der Unverhältnismäßigkeit erfüllt wird (VfSlg 12.151/1989). Die zuvor ausgeführten Einwendungen in diversen Verwaltungsstrafverfahren haben bei der ASFINAG trotz exakter Zitierung der Rechtsquellen keine Änderung des „Abschaltsystems“ bewirkt. Auf schriftliche Anfrage bestreitet die Geschäftsführung der ASFINAG Maut Service die offensichtliche Gesetzwidrigkeit des Abschaltsystems. In Anbetracht der über 30 Millionen Euro an Strafgeldern ergibt die offenbar gesetzwidrige (Nicht-)Anwendung des § 9 BStMG ein beträchtliches „Körberlgeld“ für die ASFINAG.

 

Dies ist wohl mit Corporate Governance nicht in Einklang zu bringen. Aber, was sagt ein altes Sprichwort: „Die Gier is a Luader“ – sollten die Verantwortlichen der ASFINAG eigentlich nicht notwendig haben, oder?