Die Gefahren des Sparkurses in der Justiz.

Frau Rechtsanwältin Mag. Katharina Braun

Aus der Sicht einer Rechtsanwältin.

 

Unlängst unterhielten sich zwei Rechtspflegerinnen am Gerichtsgang: “ Mein Sohn will Jus studieren und Richter werden. Ich rate ihm davon ab, denn bei den Einsparungen ist doch nicht einmal gesichert, dass er einen Ausbildungsplatz, geschweige denn einen Richterposten hält“.

 

In der Justiz wird nun der Sparstift angesetzt.

 

Im aktuellen Regierungsprogramm findet sich zwar der salbungsvolle Passus: „Der leistbare Zugang der Bevölkerung zum Recht und eine rasche gerichtliche Klärung von zivilrechtlichen Streitigkeiten sind nicht nur Voraussetzung für das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsprechung, sondern auch wesentlich für einen funktionierenden Wirtschaftsstandort. Die Regierungsparteien bekennen sich zu verfahrensbeschleunigenden und effizienzsteigerenden Maßnahmen in allen Verfahrensarten“.

 

In der Praxis ist aber von einer Beschleunigung der Verfahren nicht die Rede, vielmehr verschlechtert sich die Situation.

 

Durch die Einsparungen bei der Justiz ist ein Arbeitsengpass unvermeidbar, die Verfahrensdauer wird sich verlängern. Hinzu kommt, dass zeitgleich ( und ist dies wichtig) die Exekutive eine Aufstockung erfährt. So ist die die Anstellung von 4.100 Polizisten bei der Exekutive vorgesehen.

Das damit einhergehende erhöhte Ermittlungsaufkommen führt natürlich aber auch zu einem Mehr an Verfahren. Wenn nun nicht für die Zurverfügungstellung der für die Abarbeitung der Akten Sorge getragen wird, droht der Kollaps der Justiz.

 

Man erlebt es schon jetzt als Rechtsanwalts des Öfteren, dass sich Verfahren aufgrund personeller Engpässe zum Leidwesen der Mandanten schleppen. Sei dies bei Gericht, beim Verwaltungsgericht oder bei der Schlichtungsstelle. Bei letzterer ließ ein Richter wissen, dass eine Entscheidung aufgrund des massiven Arbeitsaufkommens wohl bis zu 1 ½ Jahre auf sich warten ließe, man möge es sich da doch wirklich überlegen sich zu vergleichen. Dem Bericht des Rechnungshofs zufolge, hat auch die Einführung der Familiengerichtshilfe keine Verfahrensbeschleunigung gebracht, so dauert die durchschnittliche Erledigungsdauer bei Kontaktrechen 5,4 Monate ( zum Teil dauern Verfahren aber auch viel länger). Gerade im Familienrecht ist eine lange Verfahrensdauer für alle Beteiligten sehr belastend.

 

Die Vielzahl an Asylverfahren, aber auch die Aufgabenstellung rund um das neue Erwachsenenschutzgesetz sorgen für ein Anwachsen der Akten und Verfahren, hierfür muss aber auch die Personalressource bereit gestellt werden. Die Präsidentin der Staatsanwälte Cornelia Koller, ließ die Öffentlichkeit wissen, dass noch nicht einmal die unter dem früheren Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) zugesagten fünf zusätzlichen Staatsanwaltsposten zur Bekämpfung von „ Hass im Netz “verwirklicht worden seien

 

Auch der juristische Nachwuchs wird sich aufgrund des Sparkurses nun auf eine ungewisse berufliche Zukunft einstellen müssen.

 

Denn die Gerichtspraxis ist Voraussetzung für die Ausübung juristische Kernberufe. So muss wer Rechtsanwalt werden will, neben der Rechtsanwaltsprüfung auch eine 5 Jährige Ausbildungszeit absolvieren, hiervon zwingend zumindest 3 Jahre in einer Rechtsanwaltskanzlei und ( derzeit) 7 Monate bei einem Gericht als Rechtspraktikant. Ein Rechtspraktikant bekommt im Monat ca € 1000,- brutto vom Staat. Dauerte die Gerichtspraxis früher noch 9 Monate, so sind es nun eben 7 Monate. Der Aufnahmestopp ist zwar seit Anfang April, so scheint es, mal vom Tisch, auch soll ( zumindest in naher Zukunft nicht) die Gerichtspraxis nicht noch weiter gekürzt werden, jedoch soll bei den Richteramtsanwärtern strenger ausgesiebt werden. Das heißt es wird zu Wartezeiten beim Antritt eines Rechtspraktikums kommen und werden weniger als Richteramtsanwärter übernommen werden. Viele Richterposten werden aber ohnedies für den Richternachwuchs nicht zur Ausschreibung gelangen. Denn u.a. sollen Richterposten , welche aufgrund von Karenzierungen entstanden sind, nicht nachbesetzt werden. Ein Richteramtsanwärter wird daher bis zur Ernennung als Richter länger –dies bei geringerer Bezahlung als Richteramtsanwärter- in den Startlöchern ausharren müssen ( wenn ihm nicht bis dahin nicht ohnedies der Geduldsfaden reißt und er sich in die Anwaltei oder Privatwirtschaft „verabschiedet“).

 

Vor etlichen Jahren als die Staatsanwaltschaft personell unterbesetzt war, und Anfragen von Rechtsanwälten wie Aktenabschriften langsam erledigt wurden, hieß es bei anwaltlicher Urgenz: „ Bitte beschweren Sie sich, denn nur wenn sich viele beschweren, merken die das Oben, und wir bekommen vielleicht mehr Personal“. Mit derartigen Aufrufen zur Beschwerde ist auch jetzt wieder zu rechnen.

 

Das Handlungsrepertoire eines Rechtsanwalts bei Säumnis ist sehr eingeschränkt. So gibt es zwar sowohl im Zivilrecht als auch Verwaltungsrecht die Möglichkeit eines Fristsetzungsantrags ( im Zivilrecht geregelt in § 91 GOG), dieser ist jedoch recht zahnlos. Denn wird dieser nicht ohnedies von der Instanz abgewiesen wird (gegen die Entscheidung gibt es auch kein Rechtsmittel), so hat das säumige Gericht nach Fristsetzung durch den übergeordneten Gerichtshof die Möglichkeit die säumige Handlung nachzuholen. Bleibt das Gericht aber nach wie vor untätig, so bleibt derzeit , mangels gesetzlicher Regelung die Säumnis sanktionslos.

 

Nicht nur aber, dass eine unabhängige starke Justiz für eine funktionierende Demokratie unerlässlich ist, drohen der Republik Österreich durch Einsparung von Personalkosten Amtshaftungsverfahren und Schadenersatzzahlungen. So verurteilte die Republik Österreich wegen überlanger Verfahrensdauer in einem Bewilligungsverfahren ( Urteil vom 4.2.2017 FRANZ Maier GmbH v Austria, Application no 24143/II.) Wir brauchen eine starke Justiz, und für die bedarf es Personal.