WIENER LINIEN. Mit rund 8.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Netz bestehend aus rund 160 Linien mit einer Gesamtlänge von rund 1.150 km sind die „Wiener Linien“ ein großer Mobilitäts-Player, auch international gesehen. Entsprechend umfangreich ist das Portfolio der Rechtsabteilung – von klassischen Rechtsmaterien über Spezialmaterien, wie dem Eisenbahn-, Kraftfahrlinien-, Energie- und Telekommunikationsrecht bis hin zu relativ jungen Rechtsgebieten wie dem NIS-Gesetz. Das rund 30-köpfige Legal-Team wird seit 2012 von Birgit Ringhofer-Grand geleitet.
Oft sind jene (Berufs)Biografien besonders interessant, die nicht pfeilgerade zum Ziel führen. Als Birgit Grand die berufsbildende Handelsakademie besuchte war noch lange nicht klar, dass sie eines Tages die Rechtsabteilung der Wiener Linien führen sollte. Die künstlerisch veranlagte und handwerklich begabte junge Frau interessierte sich für ein Studium an der Filmakademie und hegte den Plan, im Filmgeschäft mitzumischen. Daraus wurde leider nichts, da sie beim Aufnahmegespräch an die Filmakademie („ihr macht’s hier ziemlich viel falsch“) ein zu prägnant entwickeltes Selbstbewusstsein an den Tag legte.
„Ausgeprägter Gerechtigkeitssinn“
Das Studium der Rechtswissenschaften war dann ein Kompromiss, dessen Fundament immerhin der „ausgeprägte Gerechtigkeitssinn“ bildete. „Weil mich das Studium nicht ausgefüllt hat, habe ich immer daneben gearbeitet“ erinnert sich Birgit Ringhofer-Grand. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin einer bekannten Wiener Rechtsanwaltskanzlei wurde ihr vom Chef ein Stapel Papier mit dem Auftrag übergeben eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorzubereiten. „Da gab es nur zwei Möglichkeiten: die Handtasche nehmen und verschwinden oder die Herausforderung annehmen und kämpfen.“ Der Entwurf der blutjungen Jus-Studentin fand Gefallen, die Karriere konnte beginnen.
„Viel Innovatives einfallen lassen“
Nach einigen Ausbildungsjahren in mehreren Rechtsanwaltskanzleien trat Mag. Birgit Ringhofer-Grand 2002 in die Rechtsabteilung der Wiener Linien ein, wo sie sehr rasch Referatsleiterin des Immobilienbereichs wurde. „Die Wiener Linien waren damals noch ziemlich überaltert und männerdominiert. Die Aktenführung stammte teils noch aus Magistratszeiten.“ erinnert sie sich. Ihre spürbare beträchtliche Energie dürfte mitgeholfen haben, die Verhältnisse zu ändern. Seit 2012 führt Ringhofer-Grand die Rechtsabteilung, die aktuell eine Frauenquote von rd. 67 Prozent aufweist. Von vier Führungskräften ist nur eine männlich. Und es klingt keineswegs spöttisch, wenn die Abteilungsleiterin sagt: „Mir sind unsere männlichen Kollegen sehr wichtig.“ Ein Team von rd. 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit hochkomplexen Materien wie beispielsweise Wettbewerbsrecht, Infrastrukturrecht, Gewerberecht, Unternehmens- und Gesellschaftsrecht kann nur funktionieren, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen. „Speziell bei der Standardisierung von Prozessen im Liegenschaftsrecht haben wir uns viel Innovatives einfallen lassen.“ Dass sie als Leiterin der Rechtsabteilung auch im Innenverhältnis vieles richtig macht kann einer aktuellen MitarbeiterInnenbefragung entnommen werden. So wurden etwa Aussagen wie „In meinem Team gehen wir wertschätzend miteinander um“ oder „Wir arbeiten als Team gut zusammen“ mit 100% Zustimmung bestätigt.
Fördern und fordern
Dieses Klima des „Fördern und fordern“ kommt offensichtlich in der Abteilung gut an. Dabei mag auch das Vorbild mitspielen. Birgit Ringhofer-Grand absolvierte seit ihrem Jus-Studium und parallel zu ihren anspruchsvollen beruflichen Aufgaben rund 80 Fortbildungen, unter anderem die Universitätslehrgänge „Immobilienmanagement & Bewertung“ und „Professionelle Aufsichtsrats- und Gremientätigkeit“ sowie den außeruniversitären Lehrgang „Certified Digital Legal Expert“. Und die Kursbesuche gehen weiter. Im Rahmen der Vereinigung Österreichischer UnternehmensjuristInnen (VUJ) engagiert sie sich auch als Vortragende und ist aktuell Mitautorin an einem Praxishandbuch für UnternehmensjuristInnen. Wenn dann neben Beruf, Weiterbildung und Familie (die Tochter maturiert in diesem Jahr) noch dies oder jenes Zeitfenster offensteht, arbeitet Ringhofer-Grand an einer eigenen Schmuckkollektion, malt Bilder, fertigt Skulpturen, renoviert und gestaltet liebevoll eines ihrer Bauernhäuser oder arbeitet mit großer Freude im Garten und im Wald. Mobilität und Rechtliches unterliegen ständiger Veränderung. Wie beruhigend, im Ausgleich dazu privat Bleibendes zu schaffen.