Was der Tourismusindustrie weltweit ein feines Lächeln ins Gesicht zaubert, führt in vielen Metropolen zu einer markanten Verschlechterung der Lebensqualität für die Einheimischen. Abgesehen von bunten fremdländischen Gästeschlangen, die in der Corona-Zeit verschwunden waren, bereiten die Entwicklungen am Immobilienmarkt vor allem Menschen mit geringem Einkommen beträchtliche Probleme. Als Beispiel für den Zugriff internationaler Urlaubs-Vermieter gilt Portugal, wo immer mehr Haus- und Wohnungseigentümer den raschen Gewinn mit Kurzurlaubern einer langfristigen Vermietung an ihre Landsleute vorziehen.
Laut nationaler Statistik stehen in dem Land mit gut 10 Millionen Einwohnern rund 720 000 Wohnungen leer. Das Preisniveau der klassischen Vermietung ist seit 2017 um 42 Prozent gestiegen und liegt im Schnitt bei 600 bis 700 Euro pro Monat. Dem gegenüber steht bei 56 Prozent der Arbeiter ein Arbeitseinkommen von rund 1.000 Euro.
Regierung greift ein
Marina Sola Goncalves leitet mit 34 Jahren als jüngstes Regierungsmitglied das neu gegründete Ministerium für Wohnungspolitik. In ihrem Haus wird an einem Gesetz gearbeitet, das auf die dramatische Wohnungsnot mit Zwangsvermietungen reagieren wird. Der Plan sieht vor, dass der Staat Wohnungen anmietet und sie bis zu einem Zeitraum von fünf Jahren weitervermietet. Dabei darf der Mietpreis 35 Prozent des Familieneinkommens nicht überschreiten. Für die Zahlung der Mieten bürgt der Staat, zur Finanzierung notwendiger Renovierungen wird ein Fonds mit 150 Millionen Euro angelegt.
Außerdem soll ein Mietpreisdeckel mit einem maximalen Mietpreiswachstum von 2 Prozent pro Jahr fixiert werden. Sowohl die Opposition wie auch verschiedene Vertreter der Immobilienbranche laufen gegen das Vorhaben Sturm, sprechen von einem Angriff auf das Privateigentum und kündigen Klagen gegen das Regierungsvorhaben an.
Ministerpräsident Antonio Costa gibt sich angesichts seiner Parlamentsmehrheit unbeirrt und verspricht die Umsetzung des Vorhabens in diesem Frühjahr. Jeder Portugiese habe das Anrecht auf eine würdige Wohnung. Dieser Anspruch ist in der portugiesischen Verfassung festgeschrieben und harrt seiner Umsetzung durch das ehrgeizige Projekt der jungen Wohnungsministerin.