Tradition und Innovation

Wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf: Im Juni schließt die MANZ-Buchhandlung am Kohlmarkt. Damit wird dem veränderten Kundenverhalten Rechnung getragen. Wenige Monate später wird im Stockwerk darüber ein Kommunikationszentrum für Jurist:innen eröffnet. Für die Entwürfe konnte der gefeierte Architekt und Loos-Kenner Boris Podrecca gewonnen werden.

Am Kohlmarkt, zwischen Looshaus und der „K.u.K. Hofzuckerbäckerei Demel“, befindet sich die letzte juristische Fachbuchhandlung Wiens. Bekannt ist das Gebäude nicht nur für die hochwertige Fachliteratur im Inneren, sondern auch für das vielleicht schönste Portal der Stadt, das – inklusive MANZ-Schriftzug – im Jahr 1912 vom Architekten Adolf Loos gestaltet wurde. MANZ selbst ist in den Räumlichkeiten der Buchhandlung eingemietet. Um Mietkosten auf „Kohlmarktniveau“ wirtschaftlich darstellen zu können, braucht es entsprechende Kundenfrequenz. Die ist seit Jahren tendenziell rückläufig, auch wenn sich die Umsätze im Buchgeschäft insgesamt für MANZ nach wie vor auf einem hohen Niveau bewegen. Wie es dazu kommt? „Mit der fortschreitenden Digitalisierung bei Anwält:innen, Steuerberater:innen und Richter:innen haben sich auch deren Kaufverhalten und Bedürfnisse geändert“, erklärt MANZ-Geschäftsführerin Susanne Stein-Pressl. „Unsere Webshop-Umsätze sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Die Kund:innen bestellen immer häufiger online oder rufen an.“ Angesichts dieser Entwicklungen, die durch die Coronazeit noch verstärkt wurden, ist die Konzentration auf alternative Vertriebskanäle abseits des stationären Geschäfts nur ein folgerichtiger Schritt. Mitte Juni 2023 schließt daher die MANZ-Buchhandlung. Die zurzeit am Standort beschäftigten Mitarbeiter:innen freilich bleiben MANZ erhalten. „Das war uns wichtig und freut uns ganz besonders“, betont Stein-Pressl. „Die Kolleg:innen werden sich neuen Aufgaben in den Bereichen Vertrieb, Rechtsakademie und Onlineredaktion widmen.“

 

Gewohnte Dienstleistungen bleiben erhalten

Auch in Zukunft bleibt MANZ der Buchhändler Ihres Vertrauens. Ausgeliefert wird über die etablierten Zustelldienste (DPD, Post) sowie in den inneren Bezirken Wiens auch per Fahrradboten. „Wir investieren damit nun noch stärker in die Digitalisierung, in neue Technologien und hauseigene Lösungen.“ Die MANZ-Chefin erwähnt die neue Ähnlichkeitssuche unter Nutzung von KI wie auch die semantische Suche innerhalb der RDB. „Die Medienbranche durchlebt eine der größten Transformationen seit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg“, ist Stein-Pressl überzeugt. „Bereits in den 1980er-Jahren hat MANZ daher die RDB Rechtsdatenbank gegründet. Seitdem haben wir zahlreiche wegweisende Digitalisierungsprojekte angestoßen und umgesetzt.“ Das ikonische Loos-Portal ist denkmalgeschützt und wird somit auch in Zukunft erhalten bleiben. Was weniger bekannt ist: Auch im Stockwerk darüber hat Adolf Loos seine Spuren hinterlassen. Hier befindet sich auch das berühmte, im Originalzustand erhaltene „Loos-Zimmer“

Die Beletage für Jurist:innen

Im Herbst eröffnet hier die „Beletage“, ein Kommunikationszentrum für individuelle Autoren- und Kundengespräche samt Ausstellungsfläche für aktuelle MANZ-Werke, einem Studio für Webinare der MANZ Rechtsakademie und für Podcasts. Für die Umsetzung konnte niemand Geringerer als der bekannte Architekt Boris Podrecca gewonnen werden. Podrecca hat nicht nur Firmengebäude, Wohnbauten und Hochhäuser bis hin zum Wiener Millennium Tower (gemeinsam mit Gustav Peichl und Rudolf F. Weber), sondern auch große Platzgestaltungen entworfen.

 

An die offene Gestaltung öffentlicher Räume fühlt man sich angesichts des innenarchitektonischen Ansatzes im Falle der Beletage erinnert. „Schon beim Betreten und noch während er seinen Mantel in der Garderobe ablegt, kann der Besucher mit einem Blick alle Räumlichkeiten erfassen“, erklärt Podrecca. Ein Band aus Mineralwerkstoff im MANZ-Rot, das sich um die Wände zieht, umfasst Ausstellungsraum, Besprechungsraum und Loos-Zimmer. „Räume mit unterschiedlichen Funktionen werden damit sozusagen zusammengenäht.“

 

„Welthaltig“ wird die Beletage durch verspiegelte Wände. Podrecca: „Es entsteht das Gefühl eines Paravent-Raumes bzw einer räumlichen Erweiterung. Außenwelt und Innenraum fließen ineinander über.“ Bedruckt sind die Spiegel mit Bundes- und Landesnormen und deren Abkürzungen. Auch das Paragrafensymbol findet sich als Gestaltungselement wieder.