RAK-PRÄSIDENT. Seit Oktober 2022 steht Franz Josef Giesinger an der Spitze der Rechtsanwaltskammer Vorarlberg. Daneben ist der 42-jährige Mehrfach-Akademiker auch Präsident der Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger Liechtensteins. Die Anwaltschaft im „Ländle“ sei eine angesehene Berufsgruppe, die sich dynamisch in Richtung komplexerer Geschäftsfelder entwickle.
Müsste man den jugendlich wirkenden Mann, der ins Besprechungszimmer seiner Kanzlei in Götzis federt, mit einem Wort beschreiben, dann wäre dies: Energie. Sportlich im gutsitzenden Anzug, ohne Jacke, dafür mit Gilet und Krawatte. Hochkonzentriertes Zuhören, knappe und sehr präzise Antworten. Ein Präsident der neuen Anwaltsgeneration.
Auch die Studienbiografie von Franz Josef Giesinger spiegelt diesen dynamisch-ehrgeizigen Zugang zum Anwaltsberuf: Insgesamt drei Magistertitel hat er in Rechtswissenschaften, Betriebswirtschaft und Wirtschaftspädagogik erworben, in seiner Jus-Dissertation beschäftigte er sich mit dem Thema Erbrecht. Für gewöhnlich bevölkern Qualifikationssammler wie er Großkanzleien in großen Städten. Giesinger hat sich ohne Zögern für Vorarlberg entschieden, genauer gesagt für Götzis.
Leidenschaft Strafrecht
Giesinger ist in dieser beschaulichen Gemeinde mit knapp 12.000 Einwohnern geboren und aufgewachsen. Seine Studien absolvierte er in Innsbruck, die Konzipientenzeit in Feldkirch. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern (17/11). Seine im Jahr 2006 gegründete Kanzlei beschäftigt, inklusive ihm selber, 5 Anwältinnen und Anwälte sowie zwei Rechtsanwaltsanwärter:innen. Für Vorarlberger Verhältnisse eine große Kanzlei. Kanzleichef Giesinger freut sich über das natürliche Wachstum seiner Sozietät, die vorwiegend forensisch tätig ist, der Schwerpunkt liegt bei streitigen Zivilverfahren, Wirtschaftsstrafrecht und Strafverteidigung. Daraus haben sich auch die beruflichen Beziehungen über die Staatsgrenze nach Liechtenstein ergeben, wo Giesinger das Amt des Präsidenten der Strafverteidiger:innen innehat.
Moderne Standesvertretung
Für seine Tätigkeit an der Spitze der Rechtsanwaltskammer Vorarlberg hat sich Präsident Giesinger eine gleichermaßen breite wie ehrgeizige Agenda vorgenommen. So will er dem herrschenden Desinteresse am Wirken für die Gemeinschaft entgegentreten und „Kolleginnen und Kollegen zur Arbeit für den Stand gewinnen und dort halten.“ Es gelte, „die Attraktivität des Berufsbildes zu verbessern“ sowie an der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu arbeiten. „Da ist noch einiges zu tun!“ Luft nach oben sieht er auch bei der Gestaltung des anwaltlichen Pensionssystems, das deutlich verbessert werden müsse.
Daneben liegt ihm eine wirkungsvolle Interessensvertretung der Kolleginnen und Kollegen innerhalb Österreichs und gegenüber der Justiz am Herzen. Mit großer Deutlichkeit müsse beispielsweise klargemacht werden, dass der aktuelle Kostenersatz für Verteidiger weit unter der wirtschaftlichen Zumutbarkeit liege. Hier seien Justizministerium und Gesetzgeber dringend gefragt, neue Regelungen zu schaffen.
Ein ganz spezielles Thema der Vorarlberger Anwaltschaft sind die Rechtsanwaltsanwärter:innen. Es ist durchaus attraktiv, nach dem Studium wieder in die Heimat zurückzukehren, insbesondere für diejenigen, die üblicherweise in Innsbruck oder Wien studiert haben. Denn hier herrscht im wahrsten Sinn des Wortes ein „Griß“ um den Berufsnachwuchs, zumal den jungen Juristinnen und Juristen nicht nur der Vorarlberger, sondern auch der Liechtensteiner Markt offensteht. Nicht wenige Bewerber:innen entscheiden sich für die finanziell besser dotierten Angebote im Fürstentum.
Gute Rahmenbedingungen
Das wirtschaftlich starke Bundesland Vorarlberg biete, so RAK-Präsident Giesinger, gute Rahmenbedingungen für Anwältinnen und Anwälte. Das Image der Anwaltschaft in der Öffentlichkeit sei gut: „Wir sind eine angesehene Berufsgruppe. Man spürt, dass man sich auf uns verlassen kann.“ Bisweilen gebe es kritische Meinungen in Sachen Honorar. Dem Ruf, „teuer zu sein“ könne man jedoch gut entgegentreten, indem man bereits am Beginn eines Mandats Klarheit und Transparenz in Sachen Bezahlung schaffe.
Festhalten möchte der Präsident an der universellen Expertise der Kollegenschaft. Es brauche nicht unbedingt jene Fachanwaltschaft, wie sie in der Schweiz und in Deutschland schon lange existiert. Den Kolleginnen und Kollegen attestiert Giesinger ein gutes Gespür, sich in Richtung komplexerer Geschäftsfelder zu entwickeln: „Besonders konkurrenzfähig sind bei uns Generalisten, die ein bis zwei Schwerpunkt-Expertisen entwickeln.“