Das neue HinweisgeberInnenschutzgesetz:

Handlungspflichten für öffentliche Auftraggeber!

 

Durch die „Whistleblower-Richtlinie“ (RL (EU) 2019/1937) wurde erstmals ein europaweiter einheitlicher Rechtsrahmen zum Schutz sogenannter „Hinweisgeber“ eingeführt. Die Richtlinie soll einen entsprechenden Schutz für Personen bieten, die auf unternehmensinterne Missstände aufmerksam machen, ohne dabei Vergeltungsmaßnahmen durch ihre Arbeitgeber befürchten zu müssen.

 

Mag. Pia Hössl-Dworschak, Dr. Lisa Rebisant

Eine der sich aus der WhistleblowerRichtlinie ergebenden Hauptpflichten ist die Pflicht zur Einrichtung (unternehmens)interner Meldekanäle für den öffentlichen Sektor als auch private Unternehmen sowie gemeinnützige Einrichtungen und Vereine, sofern in der jeweiligen Organisation bzw. im jeweiligen Unternehmen mindestens 50 Mitarbeiter:innen beschäftigt sind, sowie für Gemeinden.

Die Whistleblower-RL ist nicht unmittelbar anwendbar, sondern muss in nationales Recht umgesetzt werden. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung ist die Whistleblower-RL vom Bund und den Ländern umzusetzen. Einrichtungen und Dienststellen, die in die Zuständigkeit der Länder bzw. der Gemeinden fallen, sind vom Gesetzentwurf auf Bundesebene grundsätzlich nicht umfasst.

Sämtliche Landesgesetzgeber haben für ihren Kompetenzbereich die Richtlinie bereits im Laufe des letzten Jahres umgesetzt. Der Bundesgesetzgeber befand sich mit der gebotenen Umsetzung der Whistleblower-RL in nationales Recht seit 17.12.2021 in Umsetzungsverzug. Am 25.1.2023 passierte der Gesetzesentwurf für das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) den Sozialausschuss und wurde Anfang Februar 2023 im Nationalrat beschlossen.

Für bestimmte Unternehmen und den öffentlichen Sektor ergibt sich insbesondere die Pflicht zur Einrichtung (unternehmens)interner Meldekanäle, über die Verstöße gegen bestimmte Rechtsvorschriften vertraulich gemeldet werden können. Vom sachlichen Anwendungsbereich umfasst sind im Wesentlichen Rechtsverstöße gegen Bestimmungen mit unionsrechtlicher Grundlage (wie etwa im Bereich des öffentlichen Auftragswesens, der Produktsicherheit, der Verkehrssicherheit oder des Verbraucherschutzes), darüber hinaus auch Verstöße gegen nationales Korruptionsstrafrecht.

Mit dem HSchG werden Personen, die einen Rechtsverstoß melden, vor Vergeltungsmaßnahmen geschützt. Dies betrifft vor allem Suspendierungen, Kündigungen oder vergleichbare Maßnahmen, aber auch andere Repressalien wie Gehaltskürzungen, Disziplinarmaßnahmen, Aufgabenverlagerungen oder die Verweigerung von Beförderungen sind untersagt.

Wird ein Whistleblower:in durch mutwillige gerichtliche Verfahren unter Druck gesetzt oder werden andere Vergeltungsmaßnahmen ergriffen, sieht das Gesetz eine Verwaltungsstrafe von bis zu EUR 20.000 (bzw. EUR 40.000 im Wiederholungsfall) vor. Dies gilt auch bei der Verletzung von Vertraulichkeitsbestimmungen sowie bei wissentlich falschen Hinweisen durch Whistleblower:innen.

Neben der Pflicht zur Einrichtung interner Meldekanäle sieht die zweite Säule der Whistleblower-RL die Pflicht zur Einrichtung externer Meldekanäle vor, die sich primär an die Mitgliedsstaaten richtet. Ein dementsprechender externer Meldekanal wurde auf Bundesebene beim Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung im Bundesministerium für Inneres geschaffen. Allgemein ist jedoch die interne Meldestelle so attraktiv zu gestalten, dass sich Hinweisgeber:innen in erster Linie an diese wenden und nicht einen externen Meldekanal in Anspruch nehmen.

Öffentliche Auftraggeber iSd Bundesvergabegesetzes (BVergG 2018) sind in der Regel als juristische Personen des öffentlichen Sektors zu qualifizieren, die ab 50 Mitarbeitern zur Einrichtung von internen Hinweisgebermeldekanälen verpflichtet sind. Öffentliche Auftraggeber sind daher jedenfalls gut beraten, entsprechende interne Hinweisgebermeldekanäle einzurichten. In der Regel fallen Rechtsverstöße, die das Vergabeverfahren betreffen, auch in den sachlichen Anwendungsbereich des HSchG, weil das BVergG 2018 weitgehend die Vergaberichtlinien der EU umsetzt. Die Einrichtung solcher Hinweisgebermeldekanäle ist unter diesem Aspekt auch ein wesentliches Element der Vergabe-Compliance und kann einen wertvollen Beitrag zur Prävention der Verhinderung von Gesetzesverstößen bei Vergabeverfahren leisten.