IST FEIERN NOCH ZEITGEMÄSS? Es gibt genug Gründe für ein Kanzleifest. Jubiläen, markante Veränderungen in der Kanzleistruktur, Bezug neuer Räumlichkeiten, Umfirmierung etc. Darf man in Zeiten des Rußland-Ukraines-Krieges, der Energiepreis-Explosion und hoher Inflation überhaupt zu einem Event einladen? Ja, sicher
Zu den positiven Ritualen jeder Gemeinschaft gehört das Fest. Bei so einem heiteren Zusammenkommen erfährt man viel Neues und vertiefen sich die Bindungen zwischen Gastgeber und Gästen. Im Falle des Kanzleifestes, zu dem Klientinnen und Klienten aus verschiedensten Rechtsbereichen eingeladen werden, ergibt sich idealerweise ein kommunikativer Austausch, der das Image der Sozietät deutlich stärkt. Wichtig ist jedoch, dass Idee und Programm des Festes gut überlegt und perfekt organisiert sind.
Gründe für das Fest
Der traditionsbewusste Rechtsanwaltsstand besinnt sich gerne auf Jubiläen. Gerade in Österreich gibt es zahlreiche Kanzleien, die vor mehreren Generationen gegründet wurden und im Laufe der Jahre interessante Entwicklungen absolvierten. Ein Jubiläum zur Jahreszahl schafft den idealen Hintergrund, Klientinnen und Klienten fokussiert Einblick in die juristische DNA zu geben. Dies funktioniert bei solch einem Anlass besser und eindrucksvoller als jede Broschüre oder jede Beschreibung auf der Website.
Der Bezug neuer Räumlichkeiten ist ein weiterer guter Grund für ein Kanzlei-Event. Obwohl sich die Beratungstätigkeit von Anwältinnen und Anwälten im Lauf der letzten Jahre direkt hin zum Kunden oder zur Videokonferenz verlegt hat sollte seitens der Kanzleien nicht vergessen werden, dass die Klientin/der Klient auch heute nicht nur ein digitales, sondern ein konkret menschliches Bild von der Sozietät haben will. Der Gesamteindruck und „die Chemie“ sind wichtig, besonders auch nach den Jahren des staatlich verordneten Gesundheits-Abstands.
Veränderungen in der Kanzleistruktur oder Umfirmierungen sind weitere gute Anlässe für eine Einladung an Klienten/Klientinnen und Geschäftspartner der Kanzlei. Neben der Darstellung der neuen Verantwortungsbereiche ist so ein Event der ideale Rahmen, wieder einmal die Gesamtkompetenz der Kanzlei und die Vielfalt des personellen und professionellen Backgrounds der Sozietät aufzufrischen.
Hinter den verschiedensten Anlässen für eine Einladung soll jedenfalls der ehrliche Wunsch nach einer persönlichen Begegnung mit den Gästen stehen.
Zuerst das Programm, dann die Weinliste
Es genügt nicht, den Angekommenen aus den Mänteln zu helfen, sie kurz zu begrüßen und ihnen den Weg zur Verköstigung zu zeigen. Dann ertönt vielleicht Musik und die Gäste sind sich mehr oder weniger sich selbst überlassen… So etwas nennt man „Begegnung in entspannter Atmosphäre“. Das konzeptlose „Get-together“ lockt genau die falschen Leute an. Die Kanzlei, nicht das Buffet ist der Held des Abends!
Ein erfolgreiches Kanzlei-Event hat einen genauen zeitlichen und räumlichen Organisationsplan, in dem auch die personellen Zuständigkeiten präzise geregelt sind.
Sobald die meisten Gäste eingetroffen sind, empfiehlt es sich, deren frische Aufmerksamkeit zu nutzen. Ein pointiertes Begrüßungs-Statement (sinnvollerweise lieber 5 als 10 Minuten) soll den Anlass des Festes beschreiben und eine Guide-Line durchs Programm geben. Danach gibt eine erste Kommunikationsrunde den Gästen die Möglichkeit zur gegenseitigen Vorstellung und einer ersten direkten Gesprächsbegegnung mit dem Team der Kanzlei. Diese Phase wird kulinarisch durch einen Aperitiv begleitet. Je nach Themenschwerpunkt des Events sollte nach einer Viertelstunde, höchstens 20 Minuten dann die Keynote folgen. Dieser kommunikative Höhepunkt vermittelt in maximal 10 bis 15 Minuten jene Daten und Fakten, die nachhaltig in Erinnerung bleiben sollen. In der Regel schadet es diesem Vortrag nicht, wenn er optisch oder durch eine Power-Point-Präsentation hinterlegt wird.
Erst nach diesem Programmpunkt sollte es in die Abteilung „Brot und Spiele“ gehen, d.h. zum Buffet und zur dezenten Hinterlegung der Gespräche mit Musik.
Die Begegnung nützen!
Der Aufwand eines Kanzleifestes lohnt sich dann, wenn die Gäste nachhaltig informiert werden. Um diesen Effekt zu erzielen, sollte das Team der Kanzlei optimal vorbereitet sein. Sowohl eine gemeinsame Informations-Agenda wie auch Informations-Material für die Gäste sind vorzubereiten. Auch der Versand zusammenfassender E-Mails nach der Veranstaltung dient der Vertiefung des Event-Schwerpunktes.
Zurück zur Eingangsfrage: Kanzleifeste – eine heikle Sache? Gut vorbereitet und mit umsichtiger Organisation durchgeführt gehören Kanzleifeste zu den wirksamsten Marketing-Maßnahmen, die eine Sozietät setzen kann. Die Kombination von Wissen- bzw. Imagevermittlung mit menschlicher Begegnung schafft jene kommunikative Nachhaltigkeit, die im „digitalen Zeitalter“ sukzessive verloren geht.
ANWALT AKTUELL-Herausgeber Dietmar Dworschak kennt die österreichische Anwaltsszene seit über 20 Jahren. Mit der Erfahrung als Gast zahlreicher Kanzleifeste berät er bei der Planung und Durchführung von Kanzlei-Events. Kontakt: dd@anwaltaktuell.at