BWB an die Leine?

GESETZESÄNDERUNG. Im späten Frühjahr wurde im Parlament an einer Änderung des Kartell- und Wettbewerbsgesetzes gearbeitet. Grundlage des Vorhabens ist die „ECN+Richtlinie zur Stärkung der nationalen Wettbewerbsbehörden“. Sowohl die BWB wie auch Konsumentenvertreter sowie Unternehmensjuristen befürchten nun einen Maulkorb für die Bundeswettbewerbsbehörde.

 

Zahlreiche Verfahren mit teils spektakulären Strafen sind in lebendiger Erinnerung:
Kartellabsprachen im Lebensmittelhandel, in der Aufzugsbranche und zuletzt im Bauwesen haben den Eindruck aufkommen lassen, dass es in Österreich eine Behörde
gibt, die das Thema des fairen Wettbewerbs ernst nimmt – und rigoros gegen Hinterzimmerkartelle vorgeht. Eine der wesentlichen Grundlagen des Erfolges der Bundeswettbewerbsbehörde in vielen erfolgreichen Verfahren war die Weisungsunabhängigkeit. Damit soll demnächst Schluss sein, wenn das „KaWeRÄG 2021“ in der geplanten Form beschlossen wird. Als eine der Neuerungen müsste die BWB nämlich die Wirtschaftsministerin jederzeit über sämtliche Gegenstände der Geschäftsführung und die Aufgabenerfüllung der Behörde informieren. Die sehr weit gefasste Informationspflicht gegenüber dem Ministerium umfasst Daten zu geplanten Hausdurchsuchungen, Angaben zu Whistleblowern, vorgesehenen Fusionen und auch Geschäftsgeheimnissen.

 

Bedenken von WKStA und AK

In der Vergangenheit hat die BWB nicht selten mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zusammengearbeitet, zuletzt bei den Untersuchungen zum österreichischen Baukartell (siehe auch AA 6/20). Nun befürchtet die WKStA,
dass durch die Meldepflicht an das Wirtschaftsministerium geplante Razzien an betroffene Unternehmen und Personen verraten werden könnten. Deutliche Worte gegen eine Einschränkung des Tätigkeitsbereiches der BWB finden auch AK und Gewerkschaftsbund. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian warnt vor einem „gravierenden Eingriff in die Unabhängigkeit der BWB“. Es müsse klargestellt werden, dass bei der Gesetzesänderung jene „verhältnismäßigen Rechenschaftspflichten“ ans Wirtschaftsministerium eingehalten würden, die in der „ECN+Richtlinie zur Stärkung der nationalen Wettbewerbsbehörden“
vorgesehen seien.

 

BWB sieht massive Einschränkungen

In ihrer eigenen Stellungnahme zum Entwurf des „KaWeRÄG 2021“ sieht die Bundeswettbewerbsbehörde mehrere Punkte, die ihre derzeit bereits personell unterdotierte Arbeit gefährden würden: „Laut Richtlinie muss für Wettbewerbsbehörden
eine vollständige Unabhängigkeit im personellen, finanziellen und technologischen Bereich gewährleistet werden. Der geplante Entwurf sieht hier keine Anpassungen vor.“ Auch die Ressourcenausstattung würde, so die BWB, zurückgefahren statt verbessert: „Im Ländervergleich ist die BWB personell und budgetär gering ausgestattet.“ Ebenfalls gefährdet sehen die Wettbewerbshüter ihre Präventionsarbeit: „Die Veranstaltung von Competition Talks zu wettbewerbsrechtlichen Themen
wäre nach der neuen Definition nicht mehr möglich.“ Stichwort Kommunikation: Auch die Abgabe von Stellungnahmen zu allgemeinen Fragen der Wirtschaftspolitik durch die BWB soll eingeschränkt werden. Konsumentenschützer, Oppositionsparteien und selbst Unternehmensjuristen beurteilen die vorgesehene Gesetzesänderung als deutliches Signal, die bisherige Energie der BWB massiv einzubremsen.