Dr. Alix Fran-Thomasser
Am Montag, den 3. Juni 2024 verstarb Bundeskanzlerin aD Dr.in Brigitte Bierlein, auf den Tag genau exakt 5 Jahre nach ihrer Ernennung zur ersten Frau im Kanzleramt in Österreich. Wie sie damals in ihrer unaufgeregt sachlichen Art die Geschicke der zweiten Republik nach dem Ibiza Skandal geführt hat, ist mehr als nur bewundernswert. Ihr erweisen in diesen Tagen posthum viele Personen aus dem öffentlichen Leben Respekt. So auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen: „Sie hat in vielen Funktionen der Republik treu gedient. Als Hüterin unserer Verfassung und auch als erste Bundeskanzlerin. Ich habe Brigitte Bierlein als mutige, disziplinierte Frau kennengelernt, die Verantwortung übernommen hat, als ihr Land sie gebraucht hat. Sie wird für viele Mädchen und Frauen, für uns alle, auch in Zukunft als Vorbild wirken.“ (https://apa.at/news/oesterreichs-erste-kanzlerin-brigitte-bierlein-ist-tot-2/). Damit bringt es der Bundespräsident auf den Punkt, was große Frauen ausmacht. Sie sind zielstrebig, mutig, übernehmen Verantwortung, wenn sie gebraucht werden und „tragen“ diese Verantwortung mit großer Umsicht und sind ein Vorbild für Frauen und Mädchen. Das waren unter anderem auch die Gründe, die das Justitia Election Committee 2020 bewog, aus vielen hochkarätigen Bewerberinnen, Frau Dr.in Brigitte Bierlein mit dem Justitia Award 2020 in der Kategorie „International Leaders / Lifetime Award“ auszuzeichnen und sie damit als „die“ herausragende österreichische „Frau im Recht“ zu würdigen. Dem Justitia Election Committee, dem sie seit 2021 bis heute angehörte, wird sie mit ihrer umsichtigen, sachlichen, aber vor allen Dingen auch einfühlsamen Art sehr fehlen. „Große“ Frauen sind nicht zwangsläufig nur Frauen, die in entscheidenden Funktionen des Staates tätig sind. Es kommt vielmehr darauf an, was die einzelne Frau mit der ihr zugedachten Rolle vollbringt. Ein leuchtendes Beispiel ist die ebenfalls 2020 mit dem Justitia Award in der Kategorie „Young Achievers / Game Changers / Pioneers” ausgezeichnete Ägypterin und Juristin Omnia Taher Gadalla. Vor allem mit dem Aktivismus der von ihr gegründeten Initiative Her Honor Setting The Bar gelang es ihr in noch ganz jungen Jahren in Ägypten nach zwei langwierigen Gerichtsverfahren gegen den ägyptischen Staatspräsidenten durchzusetzen, dass ab 2022 auch Frauen auf Richterbänken sitzen dürfen. Was für ein großartiges Gefühl muss es gewesen sein, als endlich am 22. Oktober 2021, nach einem 72-jährigen Kampf um die Rechte der Frau, die ersten 98 Frauen zu Richterinnen in Ägypten bestellt wurden. Omnia Taher Gadalla hat nicht nur unglaublich vielen Frauen in ihrer Region Mut gemacht, sondern vor allen Dingen ganz entscheidend zur Entwicklung der ägyptischen Demokratie beigetragen. Ja, es erst möglich gemacht, dass sich jeder Ägypter und jede Ägypterin vor Gericht entsprechend vertreten fühlt. Eine nicht einmal geschlechterdivers besetzte Richterbank kann einem Bürger, der vielleicht in Zukunft ein Urteil eines Gerichtes zu akzeptieren hat, kein Vertrauen einflösen. "Große“ Frauen finden sich nicht nur in der Bewältigung von derart komplexen Situationen im öffentlichen Leben. Oftmals sind es genau jene stillen, zurückhaltenden Taten, die große Auswirkung zeigen. Die heutige Vizepräsidentin des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, Rechtsanwältin Dr.in Marcella Prunbauer wurde 2012 als zweite Frau in der heute 64-jährigen Geschichte des CCBE (Rat der Europäischen Anwaltschaften) dessen Präsidentin und hat mit Weitblick, Professionalität und einem allseits beachteten persönlichen Charme die Geschicke dieser im europäischen Kontext wichtigen Anwaltsorganisation geleitet und weiterentwickelt. Der CCBE vertritt rund eine Million Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Europa. In Ihrer Präsidentschaft erreichte sie im Zusammenhang mit der geplanten Evaluierung der Dienstleistungs- und Niederlassungsrichtlinie für Rechtsanwälte mit der Yarrow-Studie ein besseres Verständnis für die Rolle der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Garant*innen für ein funktionierendes Justizsystem. Auch die Schaffung eines informellen und ständigen Gedankenaustausches mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist eine ihrer Initiativen. Große Frauen sind überaus engagierte Frauen, die die Welt nicht nur im Spiegel des eigenen Lebens sehen. Am Abend des Freitag, dem 13. September 2024 um 19:30 verleiht die The Women In Law Inititative (www.womeninlaw.info) zum vierten Mal die Justitia Awards 2024 in drei Kategorien: „International Leaders / Lifetime Award“, „Academia“ und „Young Achievers / Game Changers / Pioneers” im Rahmen einer sehr feierlichen Zeremonie im Festsaal des Justizpalastes mit einem Empfang in der Aula des Justizpalastes. Feiern Sie mit uns „große“ Frauen.