"Stehen für konstruktive Zusammenarbeit zur Verfügung“

 

 

 

 

 

 

 

ÖRAK-Präsident Dr. Armenak Utudjian im Gespräch mit Anwalt Aktuell über die letzte Legislaturperiode, Herausforderungen bei der Neuregelung der Handysicherstellung und seine Erwartungen an die nächste Bundesregierung 

Dr. Armenak Utudjian

Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK)                                                                                                                               

 

Anwalt Aktuell: Sehr geehrter Herr Präsident, die Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu. Wahlen stehen vor der Tür. Was ist ihr Resümee über die vergangenen fünf Jahre Justizpolitik?

 

Dr. Armenak Utudjian: Grundsätzlich kann man festhalten, dass aktive Justizpolitik ohne Rechtsanwaltschaft nicht stattfinden würde. Das ist kein Selbstlob, es ist einfach ein Fakt, dass wir durch unsere objektive, partei- und ideologie- übergreifende Position und dank der Kompetenz unseres Berufsstandes vieles ansprechen können, das einfach notwendig ist. Die Zusammenarbeit mit dem Justizministerium ist traditionell sehr gut, wobei ich vor allem die Neuregelung des Verteidigerkostenersatzes bei Freispruch und Einstellungen hervorheben möchte, die ein wirklicher Meilenstein für die Rechtsstaatlichkeit ist. Auch die Reform der Handysicherstellung wurde von uns vorangetrieben, wobei abzuwarten bleibt, ob und in welcher Form sie tatsächlich noch im Parlament beschlossen wird.

 

Anwalt Aktuell: Alma Zadic war also Ihrer Meinung nach eine gute Justizministerin?

 

Dr. Armenak Utudjian: Ich bewerte keine Politiker, ich bewerte Ergebnisse. Die Zusammenarbeit mit dem Justizministerium war streckenweise ausgezeichnet. Wir tauschen uns im Detail natürlich regelmäßig mit den Beamtinnen und Beamten aus, deren Fachwissen als hervorragend zu bewerten ist. Aber natürlich braucht es den politischen Willen der Ressortspitze und ja, auch da konnten wir die Frau Bundesministerin in einigen wesentlichen Punkten offenbar überzeugen; andere Themen konnten leider noch nicht umgesetzt werden.

 

Anwalt Aktuell: Zurück zur Handysicherstellung. Seit langem geht es in der Diskussion um Details, vor allem wer die Aufbereitung der Daten für die spätere Auswertung vornimmt. Hier herrscht Uneinigkeit in der Regierung. Was ist Ihr Vorschlag?

 

Dr. Armenak Utudjian: Es ist grundsätzlich ganz einfach: Jene Person, die die Daten technisch aufbereitet, darf nicht dieselbe sein, die die Daten anschließend auswertet und an den Ermittlungen beteiligt ist. Die wohl rechtsstaatlich sauberste Lösung ist die strikte Trennung von Aufbereitung durch das Gericht einerseits und anschließender Auswertung der Daten durch Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei andererseits. Denn nur durch eine organisatorische Trennung von Aufbereitung und Auswertung kann ein Befugnismissbrauch unterbunden werden. Andernfalls besteht die Gefahr einer neuerlichen Verfassungswidrigkeit der Bestimmung.

 

Anwalt Aktuell: Und mit dieser gerichtlichen Aufbereitung sehen sie die Beschuldigtenrechte umfassend gewahrt?

 

Dr. Armenak Utudjian: Wir halten das für eine optimale und vor allem verfassungskonforme Lösung. Wir wollen aber auch die Begründungspflicht der Gerichte verstärken, damit Gerichte nicht einfach die Argumentation der Staatsanwaltschaft ohne eigene Begründung mittels Stampiglienbeschlusses übernehmen können.

 

Anwalt Aktuell: Blicken wir ein wenig in die Zukunft. Was erwarten Sie von der nächsten Bundesregierung?

 

Dr. Armenak Utudjian: Persönlich erwarte ich einen demokratischen Grundkonsens darüber, dass jede Wahlpartei, die im Parlament vertreten sein wird, sich ernsthaft und besonnen auf Regierungsverhandlungen vorbereitet. Österreich braucht Politikerinnen und Politiker, die sich und ihre Arbeit aber auch ihre Wählerinnen und Wähler ernst nehmen. Als Präsident des ÖRAK erwarte ich mir, dass unsere Expertise und unsere Stellungnahmen weiterhin laufend in die Weiterentwicklung des Rechtsstaates einfließen. Wir haben einen umfassenden Katalog von Verbesserungsvorschlägen ausgearbeitet und diesen allen Parteien zur Verfügung gestellt. Daran werden wir auch nach der Wahl anknüpfen. Denn: Die Rechtsanwaltschaft steht selbstverständlich immer für eine konstruktive Zusammenarbeit zur Verfügung, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.