Die Stimme der Frau in der Anwaltschaft
Was ist das richtige Alter für die Anwältin?
Altersdiskriminierung – Ageism - ist nicht nur ein Thema für Anwältin und Anwalt jenseits der Fünfzig. In Track 1 Women’s rights – Age and Disability der diesjährigen 4. Internationalen Konferenz https://www.womeninlawconference.at/ hat uns die Universitätsprofessorin Margaret Thornton, Emerita Professor | ANU College of Law und Barrister of the Supreme Court of NSW & the High Court of Australia, die unterschiedlichen Aspekte der Altersdiskriminierung für Frauen und Männer bezogen auf den Anwaltsberuf eindrucksvoll vor Augen geführt.
Altersdiskriminierung wird in einem UN Report aus 2009 https://www.un.org/ esa/socdev/ageing/documents/egm/bonn09/ report.pdf vor allem auch als Verweigerung von Karrieremöglichkeiten aufgrund eines bestimmten Alters begriffen. Dies, ganz abgesehen von allen Vorurteilen, die sich um den Begriff Alter ranken: Wir stehen also im Spannungsfeld einer Jugendkultur und dem ständigen Druck auf Frauen im Hinblick auf deren Aussehen und damit natürlich auf deren Alter. Wir meinen, dass jüngere Mitarbeiter:innen grundsätzlich mehr leisten können als ältere und glauben auch noch, dass Frauen schneller altern als Männer. Eine toxische Kombination für einen sowieso schon äußerst schwierigen Arbeitsmarkt auch in Rechtsberufen.
Altersdiskriminierung betrifft Frauen in verschiedenen Altersgruppen
Denn wir verweigern damit nicht nur älteren Frauen Karrieremöglichkeiten in Rechtsberufen, auch jüngere Frauen sind je nach Alter mehr oder minder stark von Einschränkungen im Rahmen ihres beruflichen Lebensweges betroffen. Die von Margaret Thornton herangezogenen Studien für den australischen Arbeitsmarkt, die eine weltweite Tendenz bestätigen, unterstreichen, dass die Altersdiskriminierung für Frauen in ihren Zwanzigern ungewöhnlich hoch ist, in ihren Dreißigern fällt, um dann um die Fünfzig auf ihren Höhepunkt zu klettern. Im Ergebnis: Im Alter von 18 – 26 und 61 – 92 wirkt sich die Altersdiskriminierung im Beruf ganz besonders massiv auf Frau aus. Im Alter zwischen 33 und 50 sind nur wenige Fälle von Altersdiskriminierung zu beobachten. Das mag aber auch daran liegen, dass Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft sehr oft miteinander derart interagieren (Intersectionality), dass im Ergebnis weniger das Alter, als das Geschlecht und die ethnische Herkunft als diskriminierend wahrgenommen werden. Das Alter wird dabei als so beschämend empfunden, dass es gerade nicht in Anti-Diskriminierungsfällen von der betroffenen Person zum Thema gemacht wird. – Stereotypen, wie, dass es jungen Frauen an der entsprechenden Erfahrung fehle, Frauen im mittleren Alter sich schwer in Teams eingliedern ließen und ältere Frauen berufliche Verantwortung belastend empfänden und weniger produktiv seien, beherrschen offenkundig die Karriereplanung der Betroffenen genauso wie die Personalplanung im Unternehmen.
Ein bisher in unserer Jurisdiktion noch nicht aufgegriffenes Altersthema finden wir in Partnerschaftsverträgen im Anwaltsmarkt, wenn es um das Ausscheiden alternder Partner:innen geht. Im Kontext einer Generationengerechtigkeit sollen ältere Anwaltspartner:innen (zumeist ist heute 60 oder sogar noch jünger die Altersgrenze) jüngeren Platz machen. Ein Anerkenntnis (consent decree) in einem Gerichtsverfahren in Illinois aus 2007 lässt aufhorchen: Die internationale law firm Sidley Austin LLP hatte $27.5 Millionen an 32 ehemalige Partner zu bezahlen, die aufgrund einer im Partnerschaftsvertrag festgelegten Altersgrenze zum Ausscheiden gezwungen worden sind (EEOC v. Sidley Austin LLP, N.D. Illinois No. 05 C 0208.). Demgegenüber steht eine Entscheidung des UK Supreme Court in der Sache Seldon v. Clarkson Wright & Jakes [2012] UKSC 16 SC, die argumentiert, dass die Festlegung einer Altersgrenze von 65 Jahren für das Ausscheiden aus einer Partnerschaft im Fall des Partners Seldon verhältnisgerecht sei.
Margaret Thornton beendete ihren Vortrag mit zwei wichtigen Fragen: Wird Altersdiskriminierung weniger genau unter die juristische Lupe genommen als Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, der Rasse, Religion oder ethnischen Herkunft? Soll geschlechtsbezogene Altersdiskriminierung ein eigener Tatbestand in unseren Antidiskriminierungsgesetzen werden? – Fakt ist, dass Alter ein von vielfältigen Stereotypen belastetes Thema ist, das gerade mit Rücksicht auf einen sich ausdünnenden Arbeitsmarkt breit zu diskutieren ist. Klare rechtliche Rahmenbedingungen und gesellschaftspolitisches Umdenken werden uns den Wert jeden Alters im Beruf sicherstellen und damit einen vielfältigen Arbeitsmarkt auch in Rechtsberufen.
Das Team WomenInLaw www.womeninlaw.info beschäftigt sich schon intensiv mit den Intergenerational Themen, die vom 12. bis 14. September 2024 wieder in Wien von einem breiten Forum nationaler und internationaler Speaker:innen diskutiert werden.