Wieviel Chance steckt in der Krise?

ZUVERSICHT. Anfang Oktober trafen sich 65 von 400 Mitgliedern der Vereinigung österreichischer Unternehmensjurist:innen in Wien zum Jahreskongress 2023 „Der Weg in die Zukunft“. In der Themenpalette spiegelten sich die durchwachsenen Rahmenbedingungen in Politik, Recht, Wirtschaft und Technologie.

 

Krieg(e), Rezession, Inflation, Arbeitskräftemangel und Künstliche Intelligenz verdüstern auf den ersten Blick aktuell und perspektivisch die Aussichten der Wirtschaft – auf der ganzen Welt. Ziemlich nahe am Zentrum der turbulenten Entwicklungen sind umständehalber Unternehmensjuristinnen und Unternehmensjuristen. Es drängte sich auf, ihren Jahreskongress mit „Krise als Chance“ zu beginnen. Nicht als Frage, sondern als zuversichtliche Feststellung.

 

Krise als DNA-Bestandteil

Als sollte die fast schon vergessene Corona-Krise nochmals ins Bewusstsein zurückgeholt werden moderierte Greiner AG-Unternehmensjurist Dr. Michael Stelzel per Video quasi „vom Krankenbett“, als Opfer einer aktuellen Covid-Erkrankung. Eine durchschnittliche Krise dauere 3 – 8 Jahre: „Wir sind mittendrin“. Verschiedenste Krisen (wie auch jene des Klimas) habe es seit Menschengedenken gegeben, und immer wieder sei der homo sapiens aus ihnen irgendwie klüger und stärker hervorgegangen (einmal abgesehen von den nicht zu unterschätzenden Opferzahlen). „Der Umgang mit Krisen ist daher seit jeher im wörtlichen Sinn Teil unserer DNA“. Stelzels Chef, Greiner AG-CEO Manfred Stanek, meinte: „Wir sind verwöhnt und nicht gewöhnt an Krisen“. Er sieht in den Emerging-Markets eine „größere Krisen-Resilienz“, die für Europa durchaus ein Vorbild sein sollte.

Etwas düsterer gestaltete sich der Blick des Insolvenz- und Sanierungs-Anwalts Prof. Georg Streit auf die aktuelle Wirtschaftslage seiner Heimat Deutschland. „Erfolg macht träge“ warf er seinen Landsleuten vor, als Hauptursache für Unternehmensprobleme nannte er „fehlende Vorausschau“. (Hier Betrag lesen)

 

Krisen-Vorschau „Blackout“

„Rechtliche Überlegungen für den Ernstfall“ in Sachen „Blackout“ stellten die WKÖ-Referenten Mag.a Ursula Illibauer und Mag. Wolfram Hitz an. Sie präsentierten spannende Aspekte des Arbeitsrechts (z.B. „Kasernierung“ oder Entgeltfortzahlung), des Datenschutzes (IT-Infrastruktur) und des Vertragsrechts („Verzug“, „Unmöglichkeit der Leistung“, Höhere Gewalt“). In Summe wurden zahlreiche (auch unerwartete) nützliche Tipps zur Vorbereitung von Unternehmen auf einen weitreichenden Systemkollaps vermittelt.

 

„KI rockt die Welt“

Mit der Frage, was von Künstlicher Intelligenz und ChatGPT zu erwarten ist beschäftigte sich Univ. Prof. Wolfgang Zankl, einer der juristischen Pioniere des Digitalen in Österreich. Dynamik und Begeisterung seines Vortrages „KI rockt die Welt“ ließen keinen Zweifel: dieser Mann erwartet ein „Goldenes Zeitalter“ mithilfe der neuen Technologien.

Die weltweite Umsatzprognose von 550 Milliarden Dollar für 2024 zeigt, dass hier Großes auf die Welt zukommt. So wird unter anderem erwartet, dass das BIP der USA durch Künstliche Intelligenz bis 2030 um 21 Prozent (!) steigt. Man rechnet mit einer Wachstumsquote von jährlich 37%. Vielfältig sind die Anwendungsgebiete von KI und ChatGPT: Selbstfahrende Autos, Sprachassistenten, Gesichtserkennung, Medizin (Diagnostik, Triage…usw.), Textgenerierung, Übersetzungen, mathematische Berechnungen, Brainstorming, Programmierungen etc.

Vorläufig sei jedoch zu beachten, „dass ChatGPT auf Texteingaben basiert und sein Wissen auf Informationen basiert, die bis zu seinem Wissensstichtag im September 2021 verfügbar waren.“

Man könne sich bei ChatGPT sehr gut auf allgemeine Textgenerierung und fachliche Textgenerierung für Spezialisten verlassen, fachliche Textgenerierung für Nicht-Spezialisten (kommerzielle juristische Anwendungen) seien hingegen (noch) nicht zu empfehlen.

Weitgehend ungeklärt seien die meisten rechtlichen Fragen rund um KI und ChatGPT. So gebe es momentan nur geringe Haftungen im Urheberrecht, die Regulierung per AI-Act und weitere KI-Rechtsakte lassen auf sich warten.

 

Professor Zankl empfiehlt: A – Accept: KI ist gekommen, um zu bleiben. C – Check: Kontrolle als zentrales Thema. T – Tell: Bekanntgabe, wenn KI von einem Unternehmen eingesetzt wird. Schöne neue Welt, die nächsten Krisen lassen grüßen.