Wir haben in dieser Reihe schon oft thematisiert, warum Pauschalen mehr Zukunft haben als die Abrechnung nach Stunden. Doch anstatt die Diskussion noch einmal von vorn zu beginnen, lohnt sich ein Perspektivwechsel: Was passiert, wenn wir die Transformation von Stundensätzen zu Pau schalen durch das SOAR-Modell betrachten?

 

Warum gerade das SOAR-Modell?

Das SOAR-Modell (Strengths, Opportunities, Aspirations, Results) stammt ursprünglich aus der Organisationsentwicklung. Es wird dort einge setzt, wo klassische SWOT-Analysen (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) an ihre Gren zen stoßen. Also überall dort, wo es nicht mehr reicht, Probleme zu identifizieren, sondern Zukunft aktiv gestaltet werden soll. SOAR ist nicht defizitorientiert, sondern potenzialorientiert. Es fragt:

• Was läuft gut und worauf können wir aufbauen?

• Welche Chancen entstehen daraus?

• Welche Zukunft wollen wir wirklich gestalten?

• Und wie messen wir, ob wir sie erreicht haben?

 

Kurz gesagt: Während die SWOT-Analyse Angst vor Fehlern schürt, lädt SOAR zum Denken in Möglichkeiten ein und das ist genau die Haltung, die es für die Zukunft der Rechtsberatung braucht.

 

S – Strengths:

Stärken sichtbar machen

Kanzleien verfügen über enormes Wissen, Vertrau en und Verantwortungskompetenz. Diese Stärken sind das Fundament jeder Veränderung. Wer weiß, was er gut kann – etwa strukturierte Vertragsarbeit, strategische Beratung oder Streitbeilegung – kann diese Leistungen auch pauschal und wertbasiert anbieten. SOAR hilft hier, nicht in Defiziten zu denken („Wir wissen nicht, wie man Pauschalen kalkuliert“), sondern in Potenzialen („Wo entsteht Wert immer wieder – ganz ohne Stoppuhr?“).

 

O – Opportunities:

Chancen durch neue Modelle nutzen

Pauschalen sind kein Wagnis, sie sind eine Einladung. Sie ermöglichen neue Mandatsbeziehungen, fördern Transparenz und belohnen Effizienz. In einer Zeit, in der KI repetitive Aufgaben übernimmt, liegt die eigentliche Chance nicht im Kostendruck, sondern im Freiraum: für Beratung, Strategie, Menschlichkeit. Das SOAR-Modell hilft, diese Chancen zu erkennen und nicht nur auf Marktveränderungen zu reagieren, sondern sie selbst aktiv zu gestalten.

 

A – Aspirations:

Die Zukunft juristischer Arbeit denken

Aspirations sind das Herzstück von SOAR. Es geht um Visionen, nicht um To-dos. Was wäre, wenn Rechtsberatung sich nicht mehr über Stunden definierte, sondern über Vertrauen, Wirkung und Partnerschaft? Wer so denkt, versteht die Umstel lung auf Pauschalen als kulturelle Bewegung: weg vom Rechtfertigen von Aufwand, hin zum Gestal ten von Wert. Das ist kein Trend, sondern eine Haltung. Eine, die Kanzleien resilient und relevant hält – gerade in Zeiten technologischer und gesellschaftlicher Umbrüche.

 

R – Results:

Wirkung als neue Währung

Ergebnisse zählen mehr als Aufwand. Und wer Wirkung messen kann, muss keine Zeit mehr rechtfertigen. Kanzleien, die den Schritt gewagt haben, berichten von zufriedeneren Mandant:in nen, stabileren Beziehungen und mehr Freude an der Arbeit. Das SOAR-Modell übersetzt genau das: Es macht Erfolg sichtbar – nicht in Stunden, sondern in Ergebnissen.

 

Fazit: Wer noch zweifelt, sollte in Möglichkeiten denken

Die Frage ist nicht mehr, ob sich die Rechtsbranche verändert, sondern wie bewusst sie es tut. Das SOAR-Modell bietet dafür einen Kompass – nicht zur Analyse von Risiken, sondern zur Gestaltung von Zukunft. Wer also noch zögert, den Stunden satz loszulassen, sollte weniger an Kontrolle den ken und mehr an Potenzial. Denn die Kanzlei von morgen misst nicht, wie lange jemand arbeitet, sondern wie sehr die Arbeit wirkt. Und genau das ist der Unterschied zwischen Abrechnung – und Zukunftsfähigkeit. Wer wissen will, wie Kanzleien den Sprung vom Stundensatz zur Pauschale tatsächlich schaffen, sollte die aktuelle Podcast-Folge von LawPreneur nicht verpassen. Reinhören lohnt sich!

 

 

 

Mag. Stefanie Thuiner

fungiert derzeit als General Counsel beim

Logistik-Scale-up myflexbox und bietet im Rahmen der Legal Counsel Academy Weiterbildungsformate für Jurist:innen an.

Gemeinsam mit Katharina Bisset veranstaltet sie Workshops zu alternativen Abrechnungs modellen:

https://www.nerdsoflaw.com/ noledge/#abrechnungsmodelle