Auch wenn die Zahl der Ehescheidungen zuletzt leicht rückläufig war (2024: rund 15.000 Fälle, –2 % gegenüber dem Vorjahr; Quelle: Statistik Austria), bleibt das Thema in der anwaltlichen und steuerlichen Beratung von hoher praktischer Relevanz. Der folgende Beitrag bietet einen kompakten Überblick über die wichtigsten steuerlichen Konsequenzen einer Scheidung.
Christoph Scheidl, MA BSc und Mag. Michael Obernberger
Zivilrechtliche Grundlagen
Wird eine Ehe geschieden sind das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse unter Berücksichtigung der Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem Zusammenhang stehen, unter den Ehegatten aufzuteilen. Zum ehelichen Gebrauchsvermögen zählen insbesondere Hausrat und Ehewohnung. Im Falle der Scheidung wird das eheliche Gebrauchsvermögen aufgeteilt, wobei die Bedürfnisse, die bisherige Nutzung, sowie das Wohl gemeinsamer Kinder zu berücksichtigen sind. Eheliche Ersparnisse sind Wertanlagen, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft gemeinsam erwirtschaftet haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind. Dazu gehören zum Beispiel Bargeld, Spargut haben, Wertpapiere, Edelmetalle oder Kunstgegen stände. Weiters zählen zu den ehelichen Ersparnissen auch während aufrechter Eheangeschaffte und nicht als Ehewohnung dienende Immobilien.
Nicht in die Aufteilung einzubeziehen sind insbesondere Vermögenswerte, die
• ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, geerbt oder geschenkt bekommen hat,
• ausschließlich seinem persönlichen Gebrauch oder Beruf dienen,
• zu einem Unternehmen gehören oder Unternehmensanteile darstellen (sofern diese nicht bloß Wertanlagen sind).
Ob ein Unternehmensanteil eine Wertanlage darstellt oder ob ein Unternehmenszweck verfolgt wird, ist da nach zu beurteilen, ob mit dem Anteil ein Einfluss auf die Geschäftsführung verbunden ist. Bei einer Mitunternehmerschaft (z.B. OG- oder KG-Anteil) sowie bei GmbH-Anteilen wird dies angenommen. Entnommene bzw. ausgeschüttete Gewinne gelten allerdings als eheliche Ersparnisse und unterliegen der Aufteilung.
Grundsätzlich sind die Vermögensteile als Naturalteilung aufzuteilen. Sollte eine Ausgewogenheit dadurch jedoch nicht erzielbar sein, sind Ausgleichzahlungen zur Erzielung einer Aufteilung möglich.
Steuerliche Grundlagen
Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ist ertragsteuerlich als unentgeltliche Übertragung zu qualifizieren. Werden im Rahmen der Aufteilung Liegenschaften oder Wertpapiervermögen übertragen, löst dies somit keine Immobilienertragsteuer bzw. Kapitalertragsteuer aus. Zu beachten ist allerdings, dass bei unentgeltlichen Übertragungen die steuerlichen Anschaffungskosten sowie der Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers heranzuziehen sind. Im Falle einer späteren Veräußerung ist somit grundsätzlich der Veräußerungserlös abzüglich der steuerlichen Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers als steuerliche Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
Verkehrssteuern bei Grundstücksübertragungen
Obwohl es bei Liegenschaftsübertragungen im Zusammenhang mit Scheidungsvergleichen nicht zu einer ertragsteuerlichen Belastung kommt, führt dies idR zu einer Steuerbelastung durch Verkehrssteuern. Grunderwerbsteuer: Die Grunderwerbsteuer beträgt bei entgeltlichen Erwerben grundsätzlich 3,5 % vom Wert der Gegenleistung. Da Liegenschaftsübertragungen iZm der Auflösung der Ehe als unentgeltlich anzusehen sind, kommt der begünstigte Stufentarif zur Anwendung (0,5 % für die ersten EUR 250.000, 2 % für die nächsten EUR 150.000 und darüber hinaus 3,5 %). Berechnungsbasis ist der idR deutlich günsti gere Grundstückswert und nicht der Verkehrswert. Eintragungsgebühr: Bei einer Liegenschaftsübertragung iZm einem Scheidungsvergleich kommt es zu einer Änderung der Eintragung der Eigentümer im Grundbuch, welche weiters eine Eintragungsgebühr auslöst. Grundsätzlich beträgt diese 1,1 % vom Wert der Gegenleistung. Im Falle eines Scheidungsvergleichs ist eine Begünstigung anwendbar, welche dazu führt, dass als Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr der dreifache Einheitswert heranzuziehen ist. Dieser liegt idR deutlich unter dem Verkehrs wert und führt somit insgesamt zu einer deutlich geringeren Eintragungsgebühr.
Gemeinsames Unternehmen
Führten die Eheleute ein gemeinsames Unternehmen kommt im Falle der Scheidung selbstverständlich die Frage auf, ob dieses gemeinsam weitergeführt wird, aufgeteilt wird oder zukünftig von einer Person alleine weitergeführt wird. Im Scheidungsfall findet grundsätzlich keine Aufteilung eines gemeinsam geführten Unternehmens statt. Im Falle eines Ausscheidens eines Ehepartners würde eine Abfindungszahlung einen steuerpflichtigen Veräußerungserlös darstellen. Sollte das Unternehmen in zwei getrennte Einheiten überführt werden, kann dies bei Vorliegen der Voraussetzungen unter Anwendung des Umgründungsteuerrechtssteuerneutral erfolgen. Je nach Rechtsform des Unternehmens kann dies entweder mittels Realteilung (bei Personengesellschaften) oder als Spaltung (bei Kapitalgesellschaften) erfolgen. Die geschiedenen Ehepartner könnten da durch beispielsweise zwei Teilbetriebe getrennt voneinander nach der Scheidung weiterführen.
Fazit
Die steuerlichen Folgen einer Ehescheidung treten im Vergleich zu den zivilrechtlichen Fragen, wie Fragen des Kindeswohls, des Unterhalts oder der gerechten Aufteilung von Vermögen häufig in den Hintergrund. Dennoch kann eine frühzeitige steuerliche Begleitung helfen, ungewollte Belastungen zu vermeiden und Gestaltungsspiel räume – etwa bei Liegenschaftsübertragungen oder Unternehmens beteiligungen – optimal zu nutzen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwalt und Steuerberater ist daher in Scheidungs verfahren empfehlenswert.
