Nachlese zum Online Seminar "Compliance am Bau?"

Ende 2020 erschütterte die Enthüllung des „Baukartell“-Falles durch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) die österreichische Öffentlichkeit. Die gerichtliche Aufarbeitung inklusive der Verhängung von voraussichtlich dreistelligen Millionenstrafbeträgen wird noch Jahre dauern.

 

Der auf Vergaberecht spezialisierte Verein "Archimedes“ widmete diesem aktuellen Thema Ende Februar eine Zoom-Konferenz.

Im Gespräch mit ANWALT AKTUELL (Ausgabe Dezember) meinte BWB-Generaldirektor Theodor Thanner zum Thema „Baukartell“: „Mir ist wichtig, nicht nur die Vergangenheit aufzuarbeiten, sondern auch in die Zukunft zu schauen. Wir werden ein Compliance-System vorschlagen, das wir gemeinsam mit den Interessenvertretern der Bauindustrie besprechen.“


Ein erster Schritt dazu fand bereits am 25. Februar, in Form eines von „Archimedes – Verein zur Förderung des lauteren Wettbewerbsrechts“* veranstalteten Online-Seimnars statt. Die klar definierten Einstellungen und Erwartungen von BWB, industrieller Bauwirtschaft und ausschreibender Landesverwaltung wurden in eineinhalb Stunden gut erkennbar. Compliance kann Geldbußen ersparen BWB-Generaldirektor Thanner überbrachte in seinem Eingangsstatement ein Angebot, das man künftig kaum wird ablehnen können. Er versprach jenen Unternehmen, die mit Compliance-Regeln arbeiten, dass ihnen im Verfahrensfall entweder eine Geldbuße komplett oder zumindest teilweise erlassen werden könne, wenn das Transparenz-Regelwerk nachvollziehbar vor der Straftat eingerichtet worden sei. In der BWB werde bereits an einem 12-Punkte- Plan für die Verringerung von Geldbußen gearbeitet.

 

„Es ist zu begrüßen, dass Investitionen in Compliance strafmildernde Auswirkungen haben“ replizierte DI Dr. Peter Krammer,
Präsident der Vereinigung industrieller Bauunternehmen Österreichs. Grundsätzlich merkte er an: „Unternehmen sollen durch Performance überzeugen, nicht durch illegale Aktionen.“ Jedenfalls seien klare Compliance-Regeln gut für alle Unternehmen, da sie die Orientierung der Mitarbeiter und somit auch deren Motivation steigerten: „Compliance trägt zur nachhaltigen Wertsteigerung eines Unternehmens bei“.

 

Blick in die Praxis


Mit beispielhafter Nüchternheit präsentierte der Leiter des Landeshochbaus im Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Dipl. Ing. Josef Bichler, die Behandlung von Vergabeverfahren durch seine Behörde. Er verwies auf klar strukturierte Prozesse und Abläufe zur Verhinderung von Bieterabsprachen, auf das durchgängige Vieraugenprinzip und auf die Notwendigkeit kurzer Entscheidungswege. Nur eine transparente Regelung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten verhindere Absprachen und Kungeleien. Auch bei der Vergabe liegt der Erfolg im Detail: „Kleine Happen
ausschreiben ergibt ein kleineres Korruptionsrisiko!“

 

Und: „Vollelektronische Ausschreibung verhindert Manipulationen“ gab DI Bichler den Teilnehmern mit auf den Weg. Der Salzburger Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Berger, Präsident des „Verein Archimedes“ freute sich auf den regen Besuch des Web-Seminars, wünschte sich für künftige Veranstaltungen wieder die alte physische Präsenz und ermutigte zur „sportlichen Herausforderung“, die Compliance-Regeln ständig aktuell anzupassen.


Archimedes – Vereinigung zur Förderung des lauteren Wettbewerbs


Archimedes ist eine überregional tätige Vereinigung zur Förderung und Forschung im Bereich des nationalen, internationalen und europäischen Ausschreibungswesens. Ziel ist die Förderung und Durchsetzung von Bedingungen für öffentliche Ausschreibungen, die faire Wettbewerbsbedingungen schaffen. Dies erfolgt durch Fakten, Prüfung und Veröffentlichung der Ergebnisse sowie der Organisation von Expertengesprächen. Der Vereinigung gehören Unternehmen der Wirtschaft sowie Personen aus der Wissenschaft und der Rechtspflege an.