Gender Based Violence

 

 

 

 

Brüssel am 6. März 2024, Véra Jourová, Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Werte und Transparenz eröffnete die von ihr initiierte Women in Public Life Conference mit starken Worten. „Wir sind nicht hier, um die relativ guten Zahlen von Frauen im öffentlichen Leben in der EU zu feiern, sondern um den Trend, dass gerade starke Frauen des öffentlichen Lebens ihre wichtigen Funktionen verlassen, zu diskutieren.“

Dr.in Alix Frank-Thomasser                                                                                                                                     

 

Brüssel am 6. März 2024, Véra Jourová, Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Werte und Transparenz eröffnete die von ihr initiierte Women in Public Life Conference mit starken Worten. „Wir sind nicht hier, um die relativ guten Zahlen von Frauen im öffentlichen Leben in der EU zu feiern, sondern um den Trend, dass gerade starke Frauen des öffentlichen Lebens ihre wichtigen Funktionen verlassen, zu diskutieren.“ 

 

Die Vorfälle um die slowakische Präsidentin Zuzana Aputová und die ehemalige neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern lassen aufhorchen: Auch starke Frauen mit unglaublicher Zivilcourage und Bestimmtheit sind nicht vor gewaltigen Angriffen verbunden mit Hass und Drohungen gefeit. Diese Wogen von Gewalt wer- Ten auch starke Frauen „aus der Bahn“! Bekannte Namen, ja, aber umso größer ist die DunkelziTTer von Frauen im öffentlichen Leben, die tagtäglich über das Internet oder auch ganz persönlich und direkt bedroht werden. Es reicht also nicht aus, die sogenannte glass ceiling zu durchbrechen. Die Frage ist, ob Frau oben auf der Klippe bleiben will oder wieder ins dunkle Tal, also aus der Öffentlichkeit, entschwindet. Véra Jourová macht dafür unter anderem auch gender stereotypes und eine leider nur sehr mangelhaft unterstützende Arbeitskultur verantwortlich. Die bei weitem größte Herausforderung für Frauen im öffentlichen Leben kommt allerdings aus dem Netz: Anonymer, meist breit organisierter Hass, mehr als nur ein „gewöhnlicher“ shitstorm, soweit ein solcher überhaupt gewöhnlich sein kann, beeinflusst das tägliche Leben der Frauen sehr negativ mit abfälligen sexuellen und spezifisch negativen persönlichen Kommentaren verbunden mit Drohungen und Gewalt. Einfach abschalten geht nicht, nicht für eine Frau, die im öffentlichen Leben Funktionen wahrnimmt. Nicht von ungefähr kümmert sich auch die NATO seit nun 24 Jahren darum, Frauen international in den Friedens- und Sicherheitsprozess einzubinden (United Nations Security Council 2020 Resolution 1325 on Women, Peace and Security – WPS). Eine NATO-Studie aus 2021 zeigt unter anderem auf, dass gerade finnische Ministerinnen eine überproportional große Anzahl an abwertenden und mit persönlichen Drohungen verbundene Nachrichten empfangen. In Italien wies die gleiche Studie auf die ebenso überproportional hohe Anzahl physischer und psychischer Gewalt gegen Frauen im Bürgermeisteramt hin. Die interparlamentarische Studie der Union zum Thema Sexism, Harassment and Violence against Women in Parliaments in Europe aus 2018 zeigt das traurige Ergebnis auf, dass fast alle Parlamenttarinnen aus 45 EU-Ländern (85,2 Prozent) unter psychologischer Gewalt während ihrer Amtszeit zu leiden haben. 46.9 Prozent der Frauen in der Politik erhielten Morddrohungen oder Drohungen verbunden mit (sexueller) Gewalt. 58.2 Prozent dieser Frauen waren Ziele von online Sexattacken über die sozialen Netzwerke und 67,9 Prozent wurden allein wegen ihres Aussehens oder ihres Geschlechtes öffentlich angegriffen, während 24.7 Prozent sogar mit unmittelbarer sexueller Gewalt konfrontiert waren. Diese Zahlen sprechen eine furchtbare Sprache. Wenn eine Frau sich für ihren Karriereweg entscheidet, tut sie das zumeist auch mit Blick auf das Wohlbefinden ihrer Familie. Für Véra Jourová war es nicht nur einmal, dass sie sich mit Blick auf ihre Familie dachte: “I just can't do this to them again. My children are happy that I am leaving politics. Because they are really scared. Is it normal? I don't think so.” Wenn wir starke Frauen in der Politik und in bedeutenden Funktionen in der Privatwirtschaft, oder sonst im öffentlichen Leben haben wollen, müssen wir uns dem Thema gender based violence stellen. Das nicht, weil es nur um uns Frauen geht, sondern weil es um unsere Gesellschaft geht. Ein höherer Prozentsatz an Frauen in entscheidenden Funktionen, ob in der Wirtschaft, Politik, im Journalismus oder in der öffentlichen Verwaltung ist eine Frage einer funktionierenden Demokratie. Wenn wir die glass ceiling breaker unter uns Frauen mit Gewalt einfach wieder „abservieren“, schadet das der Gesellschaft und damit unserer Demokratie. Im Rahmen der Fünften Internationalen Konferenz der Initiative Women in Law – Frauen im Recht www.womenlaw.info vom 12. – 14. September 2024 werden hochrangige Expertinnen zum Thema Women’s Rights – Gender Based Violence diskutieren, aber vor allem auch im Rahmen eines Workshops konkrete Strategien und Taktiken für Frauen in Spitzenfunktionen oder am Weg dorthin teilen