Stefanie Thuiner
Katharina Bisset
Wer als Kanzlei oder Rechtsabteilung zukunftsorientiert arbeitet, kommt um alternative Abrechnungsmodelle wie Pauschalen, Abo-Modelle oder Value-Based Pricing nicht mehr herum. Sie ermöglichen nicht nur eine effizientere Ressourcensteuerung, sondern fördern auch eine partnerschaftliche, transparente Zusammenarbeit zwischen Kanzleien und Mandant:innen. Trotzdem halten sich in der Praxis viele Vorurteile. Zeit für einen realistischen Blick.
Wer als Kanzlei oder Rechtsabteilung zukunftsorientiert arbeitet, kommt um alternative Abrechnungsmodelle wie Pauschalen, Abo-Modelle oder Value-Based Pricing nicht mehr herum. Sie ermöglichen nicht nur eine effizientere Ressourcensteuerung, sondern fördern auch eine partnerschaftliche, transparente Zusammenarbeit zwischen Kanzleien und Mandant:innen. Trotzdem halten sich in der Praxis viele Vorurteile. Zeit für einen realistischen Blick.
„Pauschalen gefährden den Umsatz.“
Das Gegenteil ist der Fall! Korrekt kalkulierte Pauschalen sind ein Hebel für wirtschaftliche Stabilität. Sie basieren auf einer voraus schauenden Leistungsdefinition, der Berücksichtigung projektspezifischer Einflussfaktoren (z. B. Komplexität, Fristen, Haftung) sowie einem realistischen Puffer. Standardisierte Angebote erhöhen die Effizienz, minimieren das Haftungsrisiko und ermöglichen eine bessere Auslastungsplanung. Besonders wiederkehrende Leistungen lassen sich modular aufbereiten und wirtschaftlich attraktiv skalieren. Pauschalen bedeuten nicht Dumping. Sie bedeuten unternehmerisches Denken. Außerdem: Wer schnell zur Lösung kommt, weil er über Jahre hinweg Expertise aufgebaut hat, soll dafür nicht weniger verdienen.
„Mandant:innen bevorzugen den Stundensatz.“
Diese Annahme ist längst widerlegt. In einer aktuellen Marktanalyse (vgl. Juve Rechtsmarkt Nr. 02/03 aus 2025) sprechen sich rund 71 % der Rechtsabteilungen für Pauschalen oder Cap-Modelle aus. Bei freier Wahl würden nur 16 % den Stundensatz präferieren. Die Gründe liegen auf der Hand: Pauschalhonorare bieten Transparenz, Planungssicherheit und Ergebnisorientierung. Für Rechtsabteilungen mit festen Jahresbudgets sind sie zudem ein wichtiges Instrument zur Steuerung externer Kosten. Die Nachfrage nach alternativen Modellen ist nicht nur da. Sie wird künftig noch steigen.
„Bei Pauschalen verliert immer einer.“
Dieses Denken ist überholt. Pauschalen sind kein Glücksspiel. Sie beruhen auf Erfahrung, Abstimmung und bewusster Risikoverteilung. Wenn Leistungsumfang, Ausschlüsse und Abgrenzungen im Vorfeld präzise definiert werden, entsteht ein Win-Win-Modell: Die Mandant:in erhält Klarheit über Kosten und Inhalte, die Kanzlei erhöht Effizienz und reduziert Diskussionen im Nachgang. Wer sauber kalkuliert, verliert nicht, sondern gewinnt Stabilität.
„Mandant:innen nutzen Pauschalen aus.“
Widerlegt durch Erfahrung. Die Sorge, dass Mandant:innen bei Pauschalhonoraren überproportionale Leistungen einfordern, ist weit verbreitet, aber in der Praxis kaum belegbar. Vielmehr zeigt sich: Wer klare Leistungsgrenzen formuliert, z. B. Anzahl der Meetings, Überarbeitungsschleifen oder inkludierte Leistungen, schützt sich effektiv. Ändert sich der Rahmen zB durch unvorhergesehene Informationen, wird auch die Pauschale angepasst. Und man muss lernen, zu sagen „das ist nicht inkludiert“. Die Lernkurve ist steil.
„Pauschalen muss man für das gesamte Projekt kalkulieren.“
Falsch! Viele Kanzleien zögern, weil sie glauben, sie müssten ganze Verfahren oder Projekte pauschal bepreisen. Grundsätzlich ist diese Annahme nachvollziehbar, aber ein unbegründetes Missverständnis. Die Lösung liegt in modularen Angeboten: Pauschalen lassen sich phasenweise gestalten – etwa für definierte Projektabschnitte, bis zur nächsten Entscheidungsschwelle oder für klar abgegrenzte Arbeitspakete. Diese Flexibilisierung erhöht nicht nur die Kalkulationsgenauigkeit, sondern stärkt auch die Mandatssteuerung auf beiden Seiten
Fazit: Alternative Abrechnungsmodelle sind kein Marketing-Gag. Sie sind Ausdruck einer veränderten Mandatskultur, in der Verlässlichkeit, Fairness und unternehmerisches Denken im Vordergrund stehen. Sie fördern den Dialog auf Augenhöhe, schaffen klare Erwartungen und stärken das Vertrauen in die anwaltliche Beratung. Statt Zeitmessung zählt der tatsächliche Nutzen und dieser lässt sich weit besser in Ergebnissen als in Stunden bemessen.
Über die Autorinnen: Stefanie Thuiner hat langjährige Erfahrung als Unternehmensjuristin und war zuletzt als Rechtsberaterin des Red Bull Headquarters tätig. Aktuell leitet sie die Rechtsabteilung des Logistik-Scale-ups myflexbox. Katharina Bisset ist selbstständige Rechtsanwältin in NÖ, CoFounderin der Nerds of Law und NetzBe weis sowie Mitglied des Disziplinarrats der RAKNÖ. Gemeinsam bieten die Autorinnen einen Workshop zum Thema al ternative Abrechnungsmodelle an: https://www.nerdsoflaw.com/ noledge/noledgealternativeabrechnungsmodelle/