90 JAHRE GROSSGLOCKNER HOCHALPENSTRASSE.
Ein Monument wird gefeiert: „Größtes Denkmal der Republik“, Handelsweg seit Jahrtausenden, ein Meisterwerk der Ingenieurskunst und Sehnsuchtsstraße für alles, was Räder hat. Pro Jahr rollen rund 300.000 Fahrzeuge über die Großglockner Hochalpenstraße. Rund 800.000 Besucher treibt es im Sommerhalbjahr zum Ausblick auf Österreichs höchsten Berg. Um die Balance zwischen Ökologie und wirtschaftlichem Erfolg kümmert sich seit 16 Jahren ein Salzburger Jurist und ehemaliger Rechtsanwalt.
Dr. Andreas Winkler und Dr. Johannes Hörl
Es gibt keine Zufälle, lautet eine hartnäckige landläufige Meinung. Diese erfüllt sich jedenfalls, wenn man ins Jahr 2008 zurückschaut. Da präsentiert der 36-jährige Jurist Johannes Hörl in Wien das Fachbuch „Bundesstraßenrecht inklusive Mautrecht“, ein ‚Kurzkommentar‘ mit 889 Seiten. Es ist nicht überliefert, ob Hörls juristisch-intellektuelles Investment ein Bestseller wurde. Immerhin zwei Jahre später wird er Alleinvorstand der Großglockner Hochalpenstraßen AG (GROHAG) und in der Folge auch Generaldirektor der GROHAG Gruppe, in der weitere touristische Infrastrukturbetriebe, wie die Krimmler WasserWelten, Gerlos Alpenstraße, Nockalmstraße und Villacher Alpenstraße im Westen und Süden Österreichs für jährlich 2,5 Mio. Besucher gemanagt werden. Wie das kühne Bauwerk über die Alpen führte der Weg des akademischen Wirtschafts- und geprüften Verwaltungsjuristen allerdings erst nach einigen Tunneln und Schikanen an die Spitze der wohl berühmtesten Straßengesellschaft, zumindest in Europa, wenn nicht weltweit.
Verträge für „Queen“
Dass sich der promovierte Jurist bei DLA Piper Weiss Tessbach bewarb, lag nicht nur am guten Ruf dieser zuerst in Zentral- und Osteuropa und später weltweit agierenden Kanzlei, sondern an der Tatsache, dass ihn ein gewisser Gerhard Benn-Ibler aus Wien angerufen hat, um beim Aufbau einer Niederlassung in Salzburg mitzuhelfen. Beim Vorstellungsgespräch in Wien von seinem späteren Mentor Stefan Eder befragt, weshalb er Anwalt werden wolle, gab Hörl seinen Bubentraum, nämlich für internationale Musikgrößen wie Queen arbeiten zu wollen, preis. Da wollte er dabei sein. „We are the champions!“ Es wurde dann weniger glamourös, doch wirtschaftlich wesentlich bedeutsamer. Statt Freddie Mercury vor irgendwelchen Veranstaltern zu schützen arbeitete der junge Wirtschaftsanwalt an Finanzierungen für Hotels, größere Infrastrukturen, Besucherzentren und am PPP-Großprojekt A 5 Nordautobahn. Dann übersiedelte er zu DLA Piper New York, wo die wirklich großen Deals gemacht wurden. Und wieder führte der Zufall Regie: Als man Hörl einen 3-Jahres-Vertrag im „Big Apple“ anbot, war seine Frau Katherina bereits schwanger. So lautete die Devise: back to the alps! Hier verfügte er über ein stabiles Netzwerk, seit er zu Anfang seiner Juristenkarriere sieben Jahre dem Kabinett des Landeshauptmanns Schausberger angehört hatte. Hörl kannte die Bürgermeister, Bankvorstände und Unternehmer im Land. Statt Fifth Avenue also Rückkehr zu DLA Piper-Wien, zusätzlich Aufbau und später Leitung der Niederlassung in Salzburg. Auch die GROHAG, deren Finanzprokurist und Alleinvorstand er 2010 wurde, gehörte zu seinen Mandanten.
Vom Handelsweg zur Verkehrsikone
„Bereits vor Tausenden von Jahren ist die Route in der Glocknerregion ein wichtiger Handelsweg. In der Bronzezeit transportiert man hier Kupfer, später kommen Eisen, Gold, Silber und Salz hinzu. Die Römer nutzen den Weg über das Hochtor als direkte Verbindung zwischen Salzburg und Aquilea“ berichtet die Broschüre „90 Jahre Großglockner Hochalpenstraße“. Als 1930 die Arbeiten an der „modernen“ Glocknerstraße begannen, war Johannes Hörl noch 42 Jahre nicht auf der Welt. Bereits im Spätsommer des Jahres 1922 hatten Vertreter des Bundesministeriums für Handel und Verkehr und der Länder Kärnten, Salzburg und Tirol Diskussionen zu der kühnen Idee einer Hochalpenstraße begonnen. Schon 1924 wurde ein Bauausschuss gegründet, der den Ingenieur Franz Wallack mit der Planung des Projekts beauftragte. „Am 30. August 1930 krachen in Ferleiten die ersten Sprengladungen und markieren damit den offiziellen Baubeginn der Großglockner Hochalpenstraße: 6 Meter Breite mit einer Traglast von bis zu 24 Tonnen“ (Broschüre „90 Jahre“). In der harten Hochgebirgslandschaft können Baumaschinen nur beschränkt eingesetzt werden. Die kilometerweisen Transporte des zumeist in Einzelteile zerlegten Geräts erfolgen mit menschlichen Trägerkolonnen und Tierkarawanen. Die stärksten Arbeiter schleppen Lasten von bis zu 150 Kilo auf den Berg. Das launenhafte Hochgebirgswetter schikaniert die Arbeiten mit Lawinen, Stürmen, biterer Kälte und Felsstürzen. "Am 3. August 1935 startet die offizielle Eröffnung der Großglockner Hochalpenstraße mit einer Feier in Ferleiten. Franz Wallack erinnert sich: ‚Wir fuhren, das Band zerriss, und in den Jubel und das laute Rufen der Umstehenden krachten Böllerschüsse von den Hängen links und rechts der Straße‘“ (Broschüre „90 Jahre“).
Schönheit, Erlebnis und Verantwortung
Wer in den Sechziger- und Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts als Automobilist etwas auf sich hielt, der sammelte an der Frontscheibe die Trophäen seiner Glocknerfahrten: „die Glockner G’s“. Da wurde bis hinauf zum Autodach geklebt, nötigenfalls nützte man zusätzlich die Rückscheiben links und rechts. Auch wenn man an vielen Kehren Autos mit dampfenden Kühlern stehen sah war die jährliche Fahrt zum Fuscher Törl, zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe und hinunter nach Heiligenblut „Kult“. Diese Faszination hält bis heute, quer durch ganz Europa. Lange vor der Einführung des Katalysators unterschrieben die Landeshauptleute Sima (Kärnten), Lechner (Salzburg) und Wallnöfer (Tirol) am 21. Oktober 1971 die Heiligenbluter Vereinbarung zur Errichtung des Dreiländer-Nationalparks, der Anfang der 2000er Jahre als Nationalpark Hohe Tauern als größtes Schutzgebiet Mitteleuropas internationale Anerkennung fand. Damit war klar, dass die Hochalpenstraße mehr als ein Verkehrsweg sein musste. GROHAG-Vorstand Johannes Hörl: „Nahezu alle Schadstoffemissionen von Fahrzeugen unserer nationalen und internationalen Gäste haben sich im Verlauf der letzten fünfzig Jahre bereits um durchschnittlich 90% (!) reduziert. Wir sind heute aktiver denn je dabei, unsere diesbezüglichen Strategien wie Nachtfahrverbote, Aufklärungsarbeit, Edutainment, Öko-Maut und vor allem E-Mobilität weiterzuentwickeln, um diese verbliebenen 10% Emissionen binnen der nächsten zehn Jahre noch einmal deutlich – wenn möglich um 55% - auf ca. 5% zu reduzieren.“ Gipfelstürmer in Sachen Umwelt. Seit 2024 gibt es die „Umwelt Governance GROHAG – Anspruch und Verantwortung“. Zitat: „Die Großglockner Hochalpenstraße ist ‚Nationales Monument‘, mehr als eine Straße. Sie ist Teil der österreichischen Kulturgeschichte, ein touristisches Hauptziel Österreichs und ein Bauwerk internationalen Ranges. Unter den Rahmenbedingungen des Hochgebirges und eines zugleich höchstrangigen Naturschutzgebiets sehen wir es als wesentliche Aufgabe an, vielen Menschen insbesondere das ‚Erlebnis Großglockner‘ bestmöglich zu vermitteln.“ Der legendäre langjährige Leiter des Salzburger „Hauses der Natur“ und ehemalige Umweltlandesrat Eberhard Stüber, der die Großglockner Hochalpenstraße als Mahner und Berater begleitet, schätzt die Bemühungen des Managements: „Man braucht Besucherzonen, wo man alle Entsorgungseinrichtungen hat, wo auch ein größerer Be such keinen Schaden anrichten kann. Und dazu war eben die Großglockner Hochalpenstraße geradezu prädestiniert und sie hat auch die entsprechenden Einrichtungen geschaffen.“ Bereits in den 1980er Jahren war Professor Stüber als Experte an der Errichtung einer naturverträglichen Parkplatzgestaltung, am Aufbau einer Forschungsstation und im Jahr 2012 an der ersten Solaranlage für Tunnelbeleuchtung sowie der ersten Photovoltaik-Paneele am Besucherzentrum auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe zur Eigenstromversorgung beteiligt.
Größtes Denkmal der Republik
Im Sommer 2015 wurde die Großglockner Hochalpenstraße unter Denkmalschutz gestellt. GROHAG-Vorstand Johannes Hörl: „Es waren sehr gute Gespräche mit tollen Experten des Bundesdenkmalamtes, die zur erstmaligen Erstellung eines gemeinsam entwickelten und abgestimmten Denkmalpflegeplanes führten. Dieser wurde zehn Jahre später sogar ins neue Bundesgesetz aufgenommen.“ Das in Sichtweite befindliche Gipfelkreuz des Großglockner ist übrigens das erste denkmalgeschützte Gipfelkreuz der Welt. Was treibt den ehemaligen Wirtschaftsjuristen Johannes Hörl zu weiteren Gipfelstürmen rund um die Großglockner Hochalpenstraße?
„Es ist genug zu tun: Wir bieten insgesamt 20 Ausstellungen zu den verschiedensten Themen rund um Flora und Fauna des Hochgebirges und der Hohen Tauern, aber auch zu historischen Dingen wie dem einmaligen Bauwerk selbst. Daneben sind weitere Infrastrukturbetriebe und Straßen in Schutzgebieten mit 160 Hochbauten, Tunnel, Brücken und unzähligen Schutzverbauungen und Kunstbauten sowie 5000 Parkplätzen und E-Tankstellen mit ‚Glockner ePower‘ zu managen. Erst Ende Juli wurde Hörl durch die Gesellschafter BMF, Land Kärnten und Stadt Villach für weitere fünf Jahre bis 2031 ein stimmig zum Geschäftsführer der Villacher Alpenstraßen GmbH wiederbestellt. „Wir betreiben Infrastrukturen in Schutzgebieten, das ist immer sensibel und werden vor allem mit der Großglockner Hochalpenstraße weltweit beachtet. Erst kürzlich erhielten wir die Auszeichnungen als ‚schönste Panoramastraße der Welt‘ und ‚bester Road Trip Europas‘. Das ist auch eine große Verantwortung, denn unsere Hauptaufgabe ist es auch, die natürlichen Spannungsfelder aus Tourismus, Natur und Technik tagtäglich bestmöglich aufzulösen“ sagt Hörl.
Johannes Hörl als „Hausherr“ der Großglockner- Hochalpenstraße im 90. Jubiläumsjahr.
Der legendäre Glockner-Pionier
Dipl. Ing. Franz Wallack. im Jahre 1930 bei einer der Besprechungen zum kühnen Projekt.
Wie im Film
„Und ewig grüßt das Murmeltier“
wird jeden Frühling auf die Befreiung der Großglockner Hochalpenstraße von schweren Schneeschichten gewartet
(händisch bis in die 1950-er-Jahre)
Bis zu 800.000 Besucher jährlich sind von der Aussicht fasziniert, die sich entlang der Route
der Großglockner Hochalpenstraße bietet.