„Wir sind bereit, konstruktiv mitzuarbeiten“

 

 

 

 

 

 

 

 

ÖRAK-Präsident Dr. Armenak Utudjian äußert sich im Gespräch mit Anwalt Aktuell zur vorgeschlagenen Neuregelung bei KFZ-Besitzstörungen und äußert sein Missfallen gegenüber der immer häufigeren Nichteinbeziehung im Gesetzwerdungsprozess.

Dr. Armenak Utudjian                                                                                                                                                                           

 

Anwalt Aktuell: Sehr geehrter Herr Präsident, der diesjährige Anwaltstag in Innsbruck ist vorüber. Wie lautet Ihr Fazit?

 

Dr. Armenak Utudjian: Es war aus meiner Perspektive ein enorm gelungener und sehr gut besuchter Anwaltstag. Neben dem so wichtigen Austausch zwischen den Kolleginnen und Kollegen und dem zentralen Thema Wohnen, dem diverse Panels gewidmet waren, war auch wieder die standespolitische Positionierung der Rechtsanwaltschaft ein ganz zentraler Punkt.

 

Anwalt Aktuell: Welche inhaltlichen Bereiche sind Ihnen hier besonders wichtig?

 

Dr. Armenak Utudjian:  Da wäre beispielsweise die Neuregelung des Erwachsenenschutzrechts durch das Budgetbegleitgesetz 2025, die ja im Grunde eine Rückkehr zur alten Sachwalterschaft ist, die man aus guten Gründen im Jahr 2018 grundlegend reformiert hat. Nun werden wir Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte neuerlich vom Gesetzgeber dazu gezwungen, im Rahmen der sogenannten Personensorge aufwendige Betreuungsarbeiten zu verrichten, für die die meisten von uns ganz einfach weder ausgebildet sind, noch über die erforderlichen Ressourcen verfügen. Wir haben das auch beim Anwaltstag heftig kritisiert. Erfreulicherweise ist es inzwischen gelungen, eine sogenannte Sunset Clause für diese Regelung durch das Parlament zu bekommen, wodurch sich die Situation mit Juli 2028 wieder entspannen sollte.

 

Anwalt Aktuell: Die Bundesministerin für Justiz war am diesjährigen Anwaltstag nicht anwesend, lässt nun aber mit einem Vorschlag zur Reform der KFZ-Besitzstörungen aufhorchen. Wie steht die Anwaltschaft dazu?

 

Dr. Armenak Utudjian: Man kann diesen Vorschlag leider nur als untauglichen Versuch bezeichnen. Die bloße Herabsetzung der Bemessungsgrundlage für den Rechtsanwaltstarif wird die Abzocke mit Abmahnungen im großen Stil, die man zu Recht einschränken wollte, nicht hintanhalten. Dafür wird es für tatsächlich in ihrem Besitz gestörte Bürgerinnen und Bürger so gut wie unmöglich sein, eine Kollegin oder einen Kollegen zu finden, die oder der im berechtigten Einzelfall einschreitet, da es einfach unwirtschaftlich ist. In der Masse wird es sich aber wohl weiterhin rechnen. Ich halte diesen Regelungsvorschlag daher für höchst ungeeignet.

 

Anwalt Aktuell: Wie sieht Ihr Gegenvorschlag aus?

 

Dr. Armenak Utudjian:  Wir haben in der Gesetzesbegutachtung zwei Lösungsvorschläge eingebracht: ein verpflichtendes Abmahnschreiben vor einer Klage und ein günstiges Mandatsverfahren ohne die Gerichte zu belasten.

 

Anwalt Aktuell: Gehen Sie davon aus, dass es sich die Bundesregierung hier noch einmal anders überlegt?

 

Dr. Armenak Utudjian: Ich hoffe es, obwohl ich konstatieren muss, dass der bisherige Umgang mit uns Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in dieser Legislaturperiode nichts Gutes erahnen lässt. Ich erwarte mir, dass Expertinnen und Experten in die Ausarbeitung derartiger Reformen einbezogen und gehört werden. Die oft angekündigte „Einbeziehung von Stakeholdern“ ist in der Realität leider viel zu oft nichts als eine leere Phrase.

 

Anwalt Aktuell: Warum ist das so?

 

Dr. Armenak Utudjian: Weil es für die Politik mühsam ist. Weil es unangenehm werden könnte und weil man nicht so recht weiß, was am Ende dabei herauskommt. Wir als Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte stehen jedenfalls bereit, konstruktiv mitzuarbeiten und sinnvolle Reformen zu unterstützen.