Building Bridges within Language and Law

FEEDBACK. Der mittlerweile 6. Internationale Arbeitskreis der Österreichischen Gesellschaft für Rechtslinguistik (ÖGRL) zeigte aufs Neue die Früchte interdisplinärer Zusammenarbeit über nationale Grenzen hinaus.

Sprache ist nicht nur ein Medium des Rechts und der Rechtsanwendung, denn systematisch hinter die Sprache im Recht zu blicken heißt die Wissens- und Machtformationen zu untersuchen, die dem Recht zugrunde liegen. Nur „wer den Schleier hebt und sein Auge nicht schließt , dem starrt das Gorgonenhauot der Macht entgegen" (Kelsen 1927). Der 6. International Legal Linguistics Workshop, ILLWS23), der im Dezember 2023 online stattfand, brachte zahlreiche RechtslinguistInnen, RechtswissenschaftlerInnen und PraktikerInnen zusammen, um laufende Projekte vorzustellen und Brücken zwischen Disziplinen und Praxisfeldern zu bauen.

 

Der Keynote-Vortrag von Zakeera Docrat (Südafrika) zeigte wirkungsmächtig den  Zusammenhang zwischen sprachbedingter Sprachlosigkeit und sprachlicher (Un)Gleichberechtigung vor südafrikanischen Gerichten. Wer soll auf Basis welcher Kriterien entscheiden dürfen, wer, wann, wo, wie und vor allem in welcher Sprache ein (Un)Recht gerichtlich geltend machen kann? Fragen, die uns auch in Österreich beschäftigen sollten. Sprach- und Rechtsideologien und die Frage der rechtlichen Partizipation von Menschen - JuristInnen und Nicht-JuristInnen - hängen eng zusammen, denn niemand ist nur dem Recht unterworfen, sondern immer auch einer bestimmten Sprache, die die Gerichts- und Behördenkommunikation dominiert.

 

Barbora Tomecková stellte ein laufendes Forschungsprojekt in dem sie der Frage nach Geschlechtsidentität und Sprachverwendung im Hinblick auf nicht-binäre und intersexuelle Menschen in der Rechtsprechung der österreichischen und tschechischen Verfassungsgerichte untersuchte. Cornelia Eißler und DaAniel Green präsentierten eine explorative Analyse von Berufungsfällen zum Schwangerschaftsabbruch am österreichischen Obersten Gerichtshof. Laura Strub beschäftige sich in ihrer laufenden Studie mit den Auswirkungen von Sprachbarrieren im Berner Strafvollzug. Paul Schwarzenbacher stellte theoretische Überlegungen dar, wie Rechtslinguistik und forensische Linguistik gemeinsam zu einer kritischen Rechtsdidaktik in der Sekundar- und/oder Hochschulbildung beitragen können. Josephine Papst zeigte am Fall eines Sprunggelenktraumas, wie Zeichensetzung eine subtile Methode zur Herstellung eines falschen medizinischen Gutachtens in einem Gerichtsverfahren darstellen kann. Harshita Talukdar und Arup Kumar Nath widmeten sich in ihrem Projekt der Rolle sprachlicher Nötigung in betrügerischen Textnachrichten. Daniel Green stellte neue Ansätze zur Sprachkaptität von Mediator:innen im Hinblick auf Kontextabhängigkeit und nicht-wörtliche Aspekte der Sprachinterpretation in Mediationssitzungen dar. Richter Garland Moore legte die unterschiedlichen Anforderungen in der Rechtsübersetzung und dem Dolmetschen vor US-Bundesgerichten und den staatlichen Gerichten in Georgia dar. Mit einem Vortrag von Karoline Marko, Anouschka Foltz, Katharina Haslacher und Gareth Hal zur Analyse von Reue, Verantwortungsübernahme und Rehabilitation in Bewährungsanhörungen fand der 6. Internationale Arbeitskreis der Rechtslinguistik ein gelungenes Ende. Es hat sich auf Neue gezeigt, dass die Österreichische Gesellschaft der Rechtslinguistik (ÖGRL) ihrem Ziel treu geblieben ist, den Auf- und Ausbau, die Aufbereitung, Kommentierung und Fortentwicklung rechtslinguistischer Grundlagenforschung unermüdlich und gegen alle Widerstände voranzutreiben.

 

Mein persönlicher Dank gilt dem Organisationskomitee der Österreichischen Gesellschaft für Rechtslinguistik (ÖGRL), allen voran Janus Chaim Varburgh für seine große Unterstützung im Eventmanagement. Unser großer Dank gebührt Zakeera Docrat und allen TeilnehmerInnen für ihre spannenden Vorträge und Diskussionsrunden. Danken möchten wir auch den Studierenden der Wirtschaftsuniversität Wien, der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien, der Universität Wien, und des GrgWikuRg für Berufstätige.