Klare Worte für den Rechtsstaat

Der im September neu gewählte ÖRAK-Präsident Dr. Armenak Utudjian im Gespräch mit Anwalt Aktuell über die ersten Monate seiner Amtszeit und aktuelle Reformvorschläge der Rechtsanwaltschaft.

Anwalt Aktuell: Sie haben Ihre Amtszeit mit großem Elan begonnen und die rechtspolitischen Forderungen des ÖRAK in den ersten medialen Auftritten sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Wie ist Ihre erste Bilanz nach zwei Monaten in Ihrer neuen Funktion?

 

Armenak Utudjian: Dank meiner langjährigen Tätigkeit als Vizepräsident war ich natürlich mit den aktuellen Themen bereits vertraut. Außerdem arbeiten wir im Präsidium und gesamten Team im ÖRAK und mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Rechtsanwaltskammern sehr gut und effizient zusammen. Das hilft natürlich sehr. Auch schon mein sehr verdienter Vorgänger Rupert Wolff hat unsere Positionen immer sehr klar und wenn nötig mit großer Vehemenz gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik vertreten. Das versuche ich auch so zu halten. Wenn es um den Rechtsstaat geht, muss gesagt werden, was eben gesagt werden muss. Da braucht es klare Worte.

 

Anwalt Aktuell: Konkret haben Sie zuletzt vor allem einen doch zum Teil polarisierenden Gesetzesvorschlag zur Reform der Sicherstellung von elektronischen Datenträgern vorgestellt. Kritisch gefragt: Steht das mit aktuellen Ereignissen in irgendeinem Zusammenhang?

 

Armenak Utudjian: Kritisch geantwortet: Wer das fragt, kennt die Historie sowohl unserer Kritik als auch Gutachten und Gesetzesvorschlag nicht oder hat dem ÖRAK die letzten Jahre zu wenig Beachtung geschenkt. Auch in dieser Frage zeigt sich, dass in der Politik leider meistens der Standort den Standpunkt bestimmt. Unsere Position ist hingegen seit jeher konstant: Wir setzen uns für die Grund- und Freiheitsrechte, die Beschuldigtenrechte, ein faires Verfahren und den Rechtsstaat ein. Dass das – je nach Regierungskonstellation – einmal der einen oder anderen Partei besser oder weniger gut gefällt, ist leider politische Realität. Unsere Ausrichtung ist aber immer dieselbe, weil es uns um die Sache geht. All unsere Mahnungen vor überschießenden Überwachungs- und Ermittlungsbefugnissen verhallten jahrelang nicht nur ungehört, man hat sogar die „Schrauben immer mehr angezogen“. Nun, da die Politik parteiübergreifend ihre eigene Medizin zu kosten bekommen hat, sehen wir ein gutes Zeitfenster, um den Rechtsstaat wieder ein Stück zurechtzurücken. Es braucht Waffengleichheit und eine rechtsstaatliche Balance auch in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren.

 

Anwalt Aktuell: Und die Kritik an der WKStA?

 

Armenak Utudjian: Ist eine Kritik, die sich grundsätzlich an alle Ermittlungsbehörden richtet. Die WKStA hat sozusagen das Pech, dass ihre Ermittlungen sehr oft im medialen Fokus stehen. Dadurch wird ihr Handeln sichtbarer und natürlich auch öffentlich diskutiert. Unsere Kritik ist jedenfalls immer sachlich und fußt auf Wahrnehmungen, die aus der Praxis, von den Kolleginnen und Kollegen, an uns herangetragen werden. Damit kein Missverständnis aufkommt: Gerade die Bekämpfung von Korruption ist zentral wichtig, weil diese den Rechtsstaat untergräbt. Jede Behörde muss sich aber sachliche Kritik gefallen lassen. Das ist gut für den Rechtsstaat. Da soll bitte keiner beleidigt sein und kein Politiker glauben, das auf irgendeine parteipolitische Bühne zerren zu müssen, denn das schadet dem Rechtsstaat wiederum. Wenn wir und die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte uns reiben, hat das einen tieferen demokratiepolitischen Sinn, da brauchen beide Seiten keine Zurufe von außen. Weder negative, noch positive.

 

Anwalt Aktuell: Noch einmal in die politische Welt: Die Grünen sehen Ihren Gesetzesvorschlag zur Reform der Sicherstellung von Handys sehr kritisch. Haben Sie keine Angst, dass die grüne Justizministerin jetzt Ihre Forderung nach Tarifanpassung weiter blockiert?

 

Armenak Utudjian: Definitiv nein! Ich kenne die Frau Bundesministerin nun doch eine ganze Weile, diese Unart von Politik traue ich ihr nicht zu. Zudem ist dieser Gesetzesvorschlag von Frau Prof. Zerbes und Mag. Ghazanfari von der Universität Wien ausgearbeitet worden, wir haben ihm nur Publizität verliehen und unterstützen die darin vorgeschlagenen Reformen. Ich glaube fest an die Vernunft im Menschen und im Staat. Man wird sehr bald erkennen, dass sowohl unsere Forderung nach Anpassung des Tarifes als auch der Gesetzesvorschlag rechtsstaatlich notwendig und richtig sind.