"Netzbeweis"

SPUREN SICHERN. Eines der Hauptprobleme bei „Hass im Netz“ liegt bei der Beweisbarkeit. Gerichte verlangen eindeutige Spuren und nicht selten kommt es zu Freisprüchen, weil echte Beweise fehlen. Eine Gruppe junger Juristinnen und Juristen sowie Programmierern bietet nun die Spurensicherung im Internet an.

Volkstümlich formuliert könnte man sagen: „Durchs Reden kommen die Hacker zusammen.“ So muss es im Juni 2020 beim sogenannten „LegalHackathon“ gewesen sein. Bei dieser Veranstaltung des Instituts für Innovation und Digitalisierung im Recht der Universität Wien und des FH Campus Wien lernten sich die Anwältin Mag. Katharina Bisset und der rechtskundige (LL.M.) Programmierer Thomas Schreiber kennen. Die Medienanwältin mit Schwerpunkt Internet und der Technik-Fan mit juristischer Grundausbildung identifizierten ein Hauptproblem des Kampfes gegen „Hass im Netz“: schlechte Screenshots und mühsame Beweissicherung. Was die beiden als Antwort auf die Probleme bastelten, wurde Siegerprojekt des „Hackathons“.

 

Von der Idee zum Projekt

Gemeinsam mit Cyber-Crime-Anwalt Mag. Michael Lanzinger und Programmierer Philipp Omenitsch wurde aus der Idee das Projekt „Netzbeweis“, welches im Februar 2021 seine Premiere im Internet hatte. Auch heute, zwei Jahre nach dem zündenden Funken, arbeiten die vier Startup-Freunde nebenberuflich für die gemeinsame Sache.

 

Einen willkommenen Finanzierungsanschub erhielt das Projekt in der TV-Sendung „Höhle der Löwen“. Die beiden Investoren Carsten Maschmeyer und Nils Glagau sowie Rennfahrer Nico Rosberg stellten rund 100.000 Euro zur Verfügung, die umgehend in die Verbesserung der Programmierung von „Netzbeweis“ gesteckt wurden.

 

„Netzbeweis“ für die Advokatur

Die zunehmende Wichtigkeit der Internetkommunikation bringt mit sich, dass auch die Regeln der Kommunikation immer öfter verletzt werden. „Hass im Netz“ beginnt dank der fortschreitenden Ausstattung mit Mobiltelefonen mittlerweile bereits im Kindergarten. Wie aktuelle Fälle zeigen, hinken bei der Strafverfolgung sowohl die Exekutive wie auch die Gerichte hinterher. „Netzbeweis“ will mithelfen, zumindest die Beweislage zu verbessern – für Private, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, für Unternehmen und Behörden. Gute Nachricht: Die einfache Beweissicherung für Private ist kostenfrei (nicht inkludiert sind hier WhatsApp-Nachrichten).

 

Für die Anwaltschaft stellt „Netzbeweis“ eine breite Palette von Dokumentationen zur Verfügung. So etwa die „Sicherung von UWG-widrigem Verhalten im Netz“, „Marken- und Urheberrechtsverstöße in sozialen Medien und auf Websiten“, „Nachweise von strafrechtlich relevantem Verhal­ten, z.B. Drohungen in persönlichen Nachrichten“ oder die Sicherung relevanter Inhalte für Scheidungsverfahren.

 

Unterstützung von Unternehmen und Behörden

Da im wirtschaftlichen Wettbewerb nicht immer nur mit fairen Mitteln gekämpft wird, bietet „Netzbeweis“ die Sicherstellung von Spuren wettbewerbswidrigen Verhaltens von Konkurrenten, die Dokumentation von rechtswidrigen Aussagen oder Google-Bewertungen und hilft auch, arbeitsrechtlich relevantes Verhalten von Mitarbeitern in sozialen Medien aufzuzeigen. Für Behörden und Verwaltung schließlich liefert man „Nachweise, dass veröffentlichungspflichtige Inhalte ordnungsgemäß zum richtigen Zeitpunkt kundgemacht wurden“ oder unterstützt mit der „Beweissicherung von Angriffen auf Rechtsträger im Internet“.

 

Mit der Bekanntheit wächst der Erfolg

Das Angebot von „Netzbeweis“ hat sich speziell in der Anwaltschaft rasch herumgesprochen. Das junge Team freut sich, bereits mehrere mittel­große Kanzleien zu seinen Kunden zu zählen. Eine renommierte deutsche Kanzlei hat soeben einen Zusammenarbeitsvertrag mit „Netzbeweis“ geschlossen. Das grenzüberschreitende Geschäft im deutschsprachigen Raum (DACH-Region) ent­wickelt sich erfreulich, unter anderem über Vertriebspartner in Deutschland und der Schweiz. Das Sprichwort vom geringen Wert des „Propheten im eigenen Land“ trifft auf „Netzbeweis“ nicht zu. Gründerin und Geschäftsführerin Katharina Bisset wurde von Wirtschaftskammer und „Presse“ in der Kategorie „Gründung und Start-up“ 2022 als „Unternehmerin des Jahres“ ausgezeichnet.