Two Terms

PRÄSIDENTSCHAFT. Donald Trump hat verkündet, sich auch 2024 wieder um die Präsidentschaft bewerben zu wollen. Neben der kontroversen Diskussion über dieses Vorhaben flackert neuerdings die Debatte auf, ob es bei der Beschränkung auf zwei Amtszeiten bleiben soll.

Lange vor dem 11. September 2001 gab es bereits zwei Daten, die sich für immer in das Gedächtnis der (älteren) Amerikaner eingebrannt haben: Der 7. Dezember 1941, als die Japaner Pearl Harbor bombardierten, und der 22. November 1963, der Tag, an dem Präsident John F. Kennedy ermordet wurde. Präsident a.D. Trump wählte ausgerechnet diesen 22. November, um seine Wiederkandidatur für eine zweite Amtszeit anzukündigen – so viel zum Thema Taktgefühl und Respekt für ein geschichtsträchtiges Datum. Der Late-Night-Comedian Jimmy Kimmel scherzte umgehend – dass Trump nach seiner eigenen Logik gar nicht kandidieren dürfe, weil er ja bis dato nicht eingestanden hat, dass er die letzte Wahl verloren hat und daher nun quasi eine nicht mögliche dritte Amtszeit anstrebt: “… he’s termed out now, that’s eight years.”

 

Amtszeitbeschränkung

Die Beschränkung auf zwei Amtszeiten war in der ursprünglichen Verfassung nicht enthalten, obwohl die Gründerväter besonders darauf bedacht waren, eine monarchische Präsidentschaft zu vermeiden. Tatsächlich gab es in den ersten 150 Jahren der Republik dennoch keine festgeschriebene Amtszeitbegrenzung, sondern lediglich eine Tradition, nicht ein drittes Mal zu kandidieren, die auf George Washington zurückging. Ulysses S. Grant und Theodore Roosevelt wurden scharf für deren jeweilige Bemühungen um einen dritten (nicht unmittelbaren und nicht erfolgreichen) Antritt kritisiert. Präsident Franklin D. Roosevelt kandidierte aber und wurde für eine dritte und vierte Amtszeit wiedergewählt. Seine letzte Amtszeit, die am 20. Januar 1945 begann, endete nur drei Monate nach seiner vierten Wiederwahl durch seinen Tod am 12. April 1945. Vor diesem Hintergrund trat dann der 22. Verfassungszusatz 1951 in Kraft, dessen erster Satz lautet:

 

No person shall be elected to the office of the President more than twice, and no person who has held the office of President,or acted as President, for more than two years of a term to which some other person was elected President shall be elected to the office of the President more than once.

 

Langzeitführer in China

Die Abschaffung bzw. das Negieren von Amtszeitbeschränkungen und damit die Möglichkeit, dass durch Wiederwahlen lebenslange Präsidentschaften entstehen, ist keineswegs bloß von historischer Bedeutung. Im vergangenen Oktober brach die Kommunistische Partei Chinas, deren Parteigeneral Chinas Präsident Xi Jinping ist, wie Präsident Roosevelt mit der jahrzehntelangen Praxis. Auch in China war die Amtszeit des Präsidenten auf zwei Fünfjahresperioden begrenzt. Ähnlich wie der amerikanische Kongress vor über 70 Jahren haben auch die Chinesen nach der langen Amtszeit von Mao Zedong, in den USA besser bekannt als Chairman Mao, 1982 aus Sorge vor einer zu großen Machtkonzentration in der Exekutive eine neue Verfassung verabschiedet, die vorsieht, dass sowohl der Präsident als auch der Vizepräsident nicht mehr als zwei aufeinander folgende Amtszeiten absolvieren dürfen. Chairman Mao war von 1949 bis 1959 Präsident Chinas, behielt aber bis 1976 den Vorsitz der Kommunistischen Partei und der Zentralen Militärkommission. Präsident Xi Jinping hat diese beiden Funktionen ebenfalls inne und wurde nun für eine dritte Amtszeit wiedergewählt, nachdem er dafür sorgte, dass die verfassungsrechtlich verankerte Amtszeitbeschränkung 2018 abgeschafft wurde. Es wird spekuliert, dass der 69-jährige Staatschef ein Leben lang an der Macht bleiben will.

 

Der 22. Verfassungszusatz

Es sei daran erinnert, dass Trump 2018 Xi Jinpings Schritt wie folgt kommentierte: “…president for life sounds pretty great. Maybe we’ll have to give that a shot some day.” Über Twitter teilte Trump damals auch ein Video, das ein Trump-Zeichen mit der Aufschrift “4eva” zeigt.

Obwohl die Gründerväter eine Wiederholung des tyrannischen Königs Georg III. befürchteten, den die Revolutionäre unter General Washington kurz zuvor im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775–1783) erfolgreich bekämpft hatten, entschieden sie sich wie erwähnt dafür, keine Amtszeitbeschränkung in die Verfassung aufzunehmen, um in Notfällen flexibel zu sein. Dieser Ansatz erwies sich in der Krise des Zweiten Weltkriegs als vorausschauend.

Dennoch drängten die Republikaner nach Roosevelts Tod im Jahr 1945 auf eine Begrenzung der Amtszeit. Und dieser Gedanke, der erstmals nach dem Bürgerkrieg ernsthaft in Erwägung gezogen worden war, als Präsident Grant eine dritte Amtszeit anstrebte, fand sogar demokratische Unterstützung. Der Historiker Stephen W. Stathis schrieb, dass eine solche Begrenzung “…not an undemocratic restraint upon the popular will, but a democratic restraint upon any future, dangerously ambitious demagogue” sei. Der 22. Verfassungszusatz wurde 1947 im Kongress verabschiedet und fand 1951 die Unterstützung von drei Fünfteln der Bundesstaaten, als die demokratischen Gouverneure des Südens gemeinsam mit ihren republikanischen Amtskollegen versuchten, Präsident Trumans Vorstoß für ein Bürgerrechtsgesetz zur Förderung der Gleichberechtigung der Schwarzen im Süden zu stoppen.

Drang zu dritter Amtszeit

Seit 1951 gab es zahlreiche Versuche, den 22. Zusatzartikel aufzuheben. So sagte 1980 Präsident Reagan, der bereits zwei Amtszeiten gewonnen hatte und am Ende seiner zweiten Amtszeit bereits an Demenz litt, dass er für die Aufhebung des Zusatzartikels sei, “…because I think it’s only democratic for the people to be able to vote for someone as many times as they want.” Nachdem Präsident Clinton 1996 seine Wiederwahl gewonnen hatte, brachten die Demokraten im Repräsentantenhaus einen Gesetzesentwurf zur Aufhebung des Verfassungszusatzes ein, ebenso wie nach der Wiederwahl von Barack Obama für eine zweite Amtszeit im Jahr 2012. Beide Gesetzesentwürfe wurden zwar diskutiert, allerdings kam es in keinem Fall zur Abstimmung. Sowohl Clinton als auch Obama äußerten gegenüber der Presse ihre hypothetische Meinung, dass sie wiedergewählt werden würden, wenn sie für eine dritte Amtszeit hätten kandidieren dürfen.

Der oben zitierte 22. Verfassungszusatz sieht jedenfalls vor, dass ein Präsidentschaftskandidat maximal 2-mal gewählt und demnach inklusive einer etwaigen übernommenen Amtszeit 10 Jahre im Amt sein kann. Allerdings gibt es auch hierzu eine denkbare Hintertür: der Verfassungszusatz verbietet eine Kandidatur für die Vizepräsidentschaft nicht, welche wiederum zu einer weiteren Amtszeit führen könnte. Würde zum Beispiel Präsident Biden im Fall einer zweiten Kandidatur Barack Obama anstatt Kamala Harris als seinen running mate und damit Vizepräsidenten nominieren, bestünde die Möglichkeit, dass Biden nach einer erfolgreichen Wiederwahl zurücktritt und Obama dadurch verfassungskonform wieder Präsident wäre. In diesem Fall wäre er eben nicht zum Präsidenten „gewählt“ worden und hätte dabei den 22. Verfassungszusatz nicht verletzt. Wäre das nicht schön!

 

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das böse Omen vom “Second Term Curse” , welches auf der Tatsache beruht, dass sich bei fast der Hälfte aller Präsidentschaften mit zwei Amtszeiten in der Geschichte der USA die zweite Amtszeit aus dem einen oder anderen Grund als problematisch, wenn nicht gar als katastrophal erwies. Um nur einige Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zu nennen: Richard Nixon trat im Zuge des Watergate-Skandals zurück, der bereits demenzkranke Ronald Reagan wurde durch die Iran-Contra-Affäre in Verruf gebracht; gegen Bill Clinton gab es wegen der Monica-Lewinsky-Affäre ein Amtsenthebungsverfahren; von George W. Bush blieben die katastrophalen Entscheidungen nach dem Hurrikan Katrina, die Anklage gegen seinen Stabschef Scooter Libby, und die Finanzkrise 2007–2008; und während Obamas zweiter Amtszeit wurde die Affäre um Edward Snowden und Wiki-Leaks publik, es gab einen Regierungsstillstand, den Schuldspruch von General David Petraeus und Obamas Unvermögen, seinen Kandidaten Merrick Garland als Nachfolger des verstorbenen Richters Antonin Scalia im Supreme Court durchzusetzen. Auf der anderen Seite gibt es das Beispiel von Präsident Lincoln, dessen zweite Amtszeit allerdings nur 41 Tage nach seiner Wiederwahl endete. Geblieben ist seine zweite Antrittsrede, die im Lincoln Memorial eingraviert ist und in der er General Robert E. Lees Kapitulation vor General Grant mit den unsterblichen Worten gedachte: “...With malice toward none, with charity for all...”

 

Zwickmühle für Republikaner

Für die Gegenwart lässt sich sagen, dass für die Republikaner durchaus ein zwingender Grund besteht, Trump bei seinem Abenteuer einer zweiten Amtszeit nicht zu unterstützen. Solange der 22. Verfassungszusatz nicht aufgehoben wird, könnte Trump 2028 nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren, was zwangsläufig bedeuten würde, dass die Republikaner während seiner gesamten Amtszeit weiter um ihren nächsten Kandidaten ringen müssten. Dies würde wohl in der ohnehin schon von Spaltungen geplagten Partei zu noch mehr Streit führen.